Winter: Kinderarmut in Österreich „unethisch“
Am Mittwoch wird die UNO-Kinderrechtskonvention 30 Jahre alt. Renate Winter, stellvertretende Leiterin des UNO-Ausschusses für Kinderrechte, sagt im APA-Interview, dass die Situation in Österreich im weltweiten Vergleich sehr gut sei. Es sei aber nicht einzusehen, dass es Kinder an oder unter der Armutsgrenze gebe. „Das ist in einem Staat wie Österreich unethisch und nicht nötig.“
Mit 196 Ländern sind der Kinderrechtskonvention mehr Staaten beigetreten als allen anderen UNO-Konventionen. Die USA hätten nicht unterzeichnet, „weil sie sagen, dass dies Sache der Bundesstaaten“ sei, erzählt Winter. Außerdem werde in vielen US-Staaten vom Recht der Familie und nicht dem des Kindes gesprochen. Das sei zwar international rechtlich falsch, aber „wenn ein Land nicht unterschreiben will, dann soll es nicht unterschreiben. Es ist besser als es unterschreibt und macht dann nicht, was es soll“, betont die ehemalige Richterin.
Insgesamt umfasst die UNO-Kinderrechtskonvention 54 Artikel, die Einhaltung der Bestimmungen der Konvention überwacht der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes. „Jedes Land muss zwei Jahre nach der Ratifizierung seinen Grundbericht an das Komitee schicken und wird dann eingeladen darüber zu diskutieren“, erzählt Winter. Dann gebe das Komitee Empfehlungen ab und alle fünf Jahre werde kontrolliert, wie weit diese Empfehlungen befolgt worden seien. Außerdem gebe es die Möglichkeit, dass die Zivilgesellschaft einen Schattenbericht schicke „und der unterscheidet sich vom Bericht der Regierung sehr oft.“
Die Situation in Österreich sei auf keinen Fall mit jenen in vielen Entwicklungsländern zu vergleichen, wo es keine Sozial-, Pensions- und Krankenversicherung gebe. „Dort brauch ich mindestens sieben Kinder, um im Alter zu überleben und kann dann nicht den Menschen sagen, bitte habt nur zwei Kinder“, sagt Winter. Dennoch gebe es auch in Österreich Probleme, hausgemachte und migrationsbedingte. „Wenn ich ein Kind einsperre, weil ich es dann abschieben will, dann habe ich die Kinderrechtskonvention verletzt“, erklärt Winter. Das werde in Österreich jetzt meistens akzeptiert, sei aber nicht immer so gewesen.
Außerdem gebe es „in Österreich viel zu wenig Therapieplätze für Kinder, und zwar schon im frühesten Alter“. Wenn bemerkt werde, dass ein Kind Entwicklungsrückstände habe oder dass ein Kind behindert sei in irgendeiner Form oder wenn ein Kind psychologische Probleme habe, dann brauche es sofort einen Therapieplatz und nicht in einem Jahr. „In einem Jahr ist schon alles zu spät.“ Es könne kein Mensch sagen, „dass wir uns das nicht leisten können.“
„Ein Kind, dass die Grenzen von Österreich überschritten hat, hat garantiert dieselben Rechte wie jedes österreichische Kind in diesem Land.“ Das sei eine Vorschrift der Kinderrechtskonvention, niemand habe Österreich gezwungen, die Kinderrechtskonvention zu unterschreiben, so Winter. Österreich habe aber „Gott sei Dank“ unterschrieben und habe sich daran zu halten, „ganz egal welche Couleur die Regierung hat“.