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Aufschrei gegen Sparkurs im ORF: Belastungsgrenze erreicht

ORF-Redakteur Dieter Bornemann: „Wir arbeiten am Limit.“
© ORF

300 Jobs und 300 Millionen Euro müssen eingespart werden. Die Redaktion sieht die Belastungsgrenze erreicht und warnt vor Qualitätsverlust.

Wien, Innsbruck –Als Börsenexperte ist ORF-Journalist Dieter Bornemann ein Auf und Ab gewöhnt. Was auf die Belegschaft in nächster Zeit zurollt, ist aber auch für den „Eco“-Moderator mehr als eine übliche Kursschwankung. „Schluss mit dem Kaputtsparen des ORF!“, verlangt der Redakteursrat, dessen Vorsitzender Bornemann ist. Die Wiener Zentrale von Österreichs größtem Sender sowie die Vertreter der Landesstudios zeigen sich einig und geschlossen: Soll die Qualität gehalten werden, ist ein weiterer Personalabbau nicht mehr vertretbar. Seit 2007 seien österreichweit bereits 500 ORF-Jobs weggefallen.

Dem Stiftungsrat als (budgetärem) Aufsichtsgremium ist das nicht genug. Er verlangt weitere Einsparungen von 300 Mio. Euro und den Abbau von 300 Dienstposten im Zeitraum 2017 bis Ende 2020. Bornemann sieht dafür keinerlei Spielraum: „Schon jetzt arbeitet der ORF am Limit, die Redaktionen sind unterbesetzt, es bleibt kaum Zeit für Recherche, dabei sollen wir immer mehr Sendungen mit Beiträgen füllen.“

Die Grenze der Belastbarkeit sei erreicht. Die Zahl der Krankenstände und von Burn-out-Fällen steige durch den „immensen Druck“ deutlich an. „Das ganze Werkl läuft immer noch, weil wir als Mitarbeiter für unsere Jobs brennen und Selbstausbeutung betreiben“, bringt es Bornemann auf den Punkt.

Die geplanten Kürzungen betreffen alle Bereiche des ORF – Redaktion, Technik, Verwaltung. Das Landesstudio Tirol soll maximal ein bis zwei Stellen einbüßen. Bornemann: „In Innsbruck blieben in den letzten Jahren viele Abgänge unbesetzt, da gibt es nichts mehr einzusparen.“

Den hausinternen Wirbel im ORF Tirol hat Bornemann via TT mitverfolgt. Auf Geheiß von Landesdirektor Robert Unterweger und von Chefredakteur David Runer sollten Sybille Brunner und Georg Laich als Moderatoren von „Tirol heute“ abgesetzt werden. Nach Protesten des Betriebsrats und von zahlreichen ORF-Konsumenten wurde das als „Generationswechsel“ geplante Vorhaben wieder abgeblasen. „Zwei Persönlichkeiten, die für eine Sendung identitätsstiftend wirken, kann man nicht einfach absetzen“, erklärt Bornemann, der selbst häufig vor der Kamera steht, dazu.

Personaldiskussionen gibt es aber auch in der ORF-Zentrale in Wien. Der Stiftungsrat könnte, sobald die neue Regierung steht, wieder umbesetzt werden. Ein möglicher Ablösekandidat ist Ex-FPÖ-Vizekanzler Norbert Steger. Er war auf Vorschlag der FPÖ im Vorjahr zum Chef des Stiftungsrates gewählt worden.

Im Gefolge der Ibiza-Affäre äußerte sich Steger kritisch über die Freiheitlichen: „Ständige Blödheiten“ aus dem blauen Lager hätten ein neues ORF-Gesetz verhindert.

Sollte die FPÖ Steger aufgrund dieser Aussagen abberufen, hätte das für die vormalige Regierungspartei eine schmerzliche Folge: Der Stiftungsratsvorsitz wäre verloren. Die ÖVP konnte profitieren und mit satter Mehrheit einen der ihren zum neuen Stiftungsratschef wählen. PR-Berater Gregor Schütze wird als Kandidat genannt. (mark)

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