Gesundheit

Von wegen schwerer Alkoholiker: Rätsel um erhöhte Leberwerte gelöst

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Massiv erhöhte Leberwerte bei gesunden Patienten gaben jahrelang ein Rätsel auf. Jetzt konnte es gelöst werden.

Innsbruck –Bei einer Routineuntersuchung lässt der Leberwert eines Südtirolers die Alarmglocken der italienischen Ärzte schrillen. Mit einer derart hohen Aktivität des GGT-Enzyms müsste der Mann eigentlich schwer leberkrank sein. Ist es doch ein Zeichen für einen Leberschaden durch chronischen Alkoholmissbrauch – oder eine Störung des Galle-Abflusses, etwa Gallensteine. Aber im Gegenteil: Der Mann zeigt keinerlei Symp­tome. Auch Alkoholismus kann ausgeschlossen werden. Er wird Woche für Woche kontrolliert: Die Aktivität des Enzyms GGT (y-Glutamyltransferase) bleibt enorm hoch, Beschwerden treten weiterhin keine auf. Ein Rätsel für die Ärzte.

Sie untersuchen die Familienmitglieder und entdecken: Auch diese weisen eine 50- bis 200-fach erhöhte Aktivität des GGT auf. „Ein Wert, der höchstens mit einer Knollenblätterpilzvergiftung zu erreichen ist. Nur dass dann auch andere Indikatoren für einen Leberschaden erhöht wären“, erklärt Andreas Janecke, Humangenetiker an der Kinderklinik (Pädiatrie I, Thomas Müller).

Etliche 100 Kilometer entfernt steht ein slowakischer Kinderarzt vor demselben Rätsel. So schließt man sich zusammen und beginnt, nach der Lösung zu forschen. Maßgeblich beteiligt ist auch das EURAC-Institut in Bozen, tauchte doch in dessen CHRIS-Studie, bei der mehr als 13.000 Vinschgauer medizinisch untersucht und befragt wurden, die gleiche Besonderheit auf.

Inzwischen wurde des Rätsels Lösung im Fachmagazin Hepatology veröffentlicht: Mittels Genomsequenzierung bei den betroffenen Familien fanden die Forscher heraus, dass eine DNA-Veränderung dafür sorgt, dass jener Teil des GGT1-Enzyms fehlt, der dafür sorgt, dass es sich an die Leberzellen heftet. Stattdessen wird es bei den Betroffenen im Blut vermehrt freigesetzt, was zu den massiv erhöhten Werten führt. Die Kopie des GGT1-Gens allerdings sei völlig normal, was ausreiche, Krankheitssymptome zu verhindern, erklärt Janecke.

Dieses Wissen, sagt der Genetiker, „kann den Betroffenen künftig jede Menge Untersuchungen wie Biopsien, MRT usw. ersparen, weil zunächst einmal mit einem einfachen Test abgeklärt wird, ob statt einer schwerwiegenden Erkrankung eine harmlose Genmutation vorliegt.“ (sta)

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