Osttirol

Unwetter in Osttirol: „Die Medizin war bei den Menschen“

Prägraten war nur aus der Luft zu erreichen, die Einsatzmannschaften organisierten eine Luftbrücke.
© Rotes Kreuz

In allen Tälern Osttirols wurden vorsorglich Notärzte stationiert, bevor die massiven Niederschläge und ihre Folgen die Verkehrswege abgeschnitten haben. Verantwortliche ziehen eine positive erste Bilanz.

Von Christoph Blassnig

Lienz –Die massiven Niederschläge der letzten Tage haben die Menschen in den betroffenen Tälern zwar nicht völlig unvorbereitet getroffen, doch medizinische Notfälle kündigen sich selten an. Es braucht dann umgehend Hilfe an Ort und Stelle.

Stephan Hofmann, Geschäftsführer des Roten Kreuzes Osttirol, zieht eine positive erste Bilanz. „Über 110 unserer Rotkreuz-Leute, Frauen und Männer, waren vom 13. bis 19. November Tag und Nacht im Einsatz.“ Die Freiwilligen standen rund um die Uhr in Rufbereitschaft. „Wir sprechen, allein für das Rote Kreuz, von 17.000 freiwillig geleisteten Stunden.“

Die Rot-Kreuz-Mannschaften in Sillian hielten ihren Stützpunkt jederzeit einsatzbereit.
© Rotes Kreuz

In Osttirol gibt es 50 so genannte First Responder. Das sind bestens ausgestattete Ersthelfer in der Nachbarschaft, die bei Bedarf rasch Unterstützung und Sicherheit geben und im Notfall die notwendigen Schritte einleiten. Wenn Straßen und Wege unpassierbar geworden sind und auch Hubschrauber aufgrund von Dunkelheit und Witterung nicht fliegen können, dann zählt ihre Hilfe umso mehr. „Jenen Personen stehen weitere 40 Einsatzkräfte aus einer Sondereinheit Sanität und Technik zur Seite“, erläutert Hofmann. „Sie stehen als professionell ausgebildete Katastrophenhelfer zusätzlich bereit.“ Zum Teil lebensbedrohliche Notfälle in den letzten Tagen, als praktisch alle Täler von der Außenwelt abgeschnitten waren, seien vorbildlich abgewickelt worden. „Die medizinische Versorgung war jederzeit und überall im Bezirk gewährleistet. In jedem Tal war vorsorglich ein Notarzt stationiert.“ Nachdem auch Matrei tagelang von der Umwelt abgeschnitten war und nur per Hubschrauber mit dem Notwendigsten versorgt werden konnte, kam es auch dazu, dass der dort eingesetzte Notarzt an Ort und Stelle offene Wunden nähte, Patienten aber in häuslicher Pflege belassen werden konnten.

Das bestätigt auch Gernot Walder vom Notarztverband Osttirol. „Wir waren bereits Anfang letzter Woche gewarnt und haben zusätzliche Ärzte mobilisiert. Ein Kollege ist extra aus Vorarlberg angereist, um uns zu unterstützen. Zwei Mediziner aus Südtirol waren auf dem Weg zu uns, haben uns jedoch nicht mehr vor den Straßensperren erreichen können“, berichtet Walder. Der Notarztverband war dennoch mit sieben Medizinern im Einsatz, die jeweils rechtzeitig vor den Sperren in die Täler gefahren und dort zur Versorgung der Menschen auch geblieben sind.

Auch Matrei war nur mehr per Hubschrauber erreichbar.
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Walder weiß von einem Fall mit Lungenentzündung, der noch kurz vor der Straßensperre ins Bezirkskrankenhaus Lienz gefahren werden konnte. In Absprache mit den Gemeindeeinsatzleitungen, örtlichen Lawinenkommissionen und unterstützt von der Bergrettung sind die Notfallmediziner samt Ausrüstung auch bei Nacht und Nebel zu den entlegensten Höfen vorgedrungen. Materialseilbahnen, Schneepflüge und Bagger – man habe sämtliche Möglichkeiten genutzt.

„Ärzte sind heute sehr gut ausgerüstet“, erklärt Walder. Er selbst sei mit einem transportablen Ultraschallgerät und einem mobilen Labor zu einem Fall mit starken Blutungen gerufen worden. „Nach einer eingehenden Untersuchung bestand jedoch kein Notfall, zum Glück.“

Hofmann räumt zwar ein, dass die Mannschaften des Roten Kreuzes nach der tagelangen Einsatzbereitschaft erschöpft sind. „Aber wir haben wieder bewiesen: Wir sind in Osttirol für den Katastrophenfall bestens gerüstet.“

Straßensperren bald vorbei, Bus statt Zug

Nach dem Wetter hat sich in Osttirol auch die Verkehrslage weitgehend normalisiert. Gestern noch gesperrt waren die Deferegger Landesstraße ab dem Gewerbegebiet Hopfgarten und die Virgental-Landesstraße ab Obermauern Richtung Prägraten. Das Baubezirksamt bemüht sich um eine baldige Freigabe, sagt Leiter Harald Haider. Schnee, Gehölz und Geröll müssen entfernt werden. Schon heute sollten die Verbindungen wieder befahrbar sein. Die Straße von Leisach nach Bannberg ist noch durch umgestürzte Bäume blockiert, Bannberg ist aber über Assling erreichbar.

Auch die Felbertauernstraße könnte heute wieder geöffnet werden, sagte Vorstand Karl Poppeller gestern. Geologe und Lawinenkommission erkunden so bald wie möglich die Lage.

Die Bahnstrecke zwischen Lienz und Franzensfeste bleibt noch wochenlang zu, es fahren Ersatzbusse. (co)

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