Hintergrund

XXXLutz: Von einer kleinen Möbelwerkstätte zum Ikea-Herausforderer

XXXLutz ist einst aus einem Handel für bemalte Bauernmöbel entstanden.
© XXXLutz

XXXLutz wurde als Möbelwerkstätte 1945 in Oberösterreich gegründet. Seit den 1970er-Jahren expandierte das Unternehmen stetig und ist heute die Nummer zwei weltweit hinter Ikea. Die Möbelkette gehört der Familie Seifert, die nicht öffentlich auftritt.

Wien, Wels — Was 1945 mit einer Werkstätte für Bauernmöbel im oberösterreichischen Haag am Hausruck begann, ist heute ein riesiger Konzern. Eine Mega- Einkaufstour von XXXLutz hat das Welser Unternehmen zum zweitgrößten Möbelhändler der Welt gemacht. Nur noch Ikea ist größer.

Firmensprecher Thomas Saliger
© Lutz

XXXLutz erzielte zuletzt mit 23.800 Mitarbeitern in 12 Ländern einen Umsatz von 4,4 Milliarden Euro. Inklusive Beteiligungen wären es rechnerisch sogar knapp 10 Milliarden Euro. Ikea ist mit Erlösen von knapp 37 Milliarden Euro aber noch eine Nummer größer. Ab Mitte der 1970er-Jahre expandierten die Brüder Andreas und Richard Seifert mit ihrem Möbel-Familienbetrieb. Oftmals übernahmen die beiden Brüder lokale Traditions-Möbelhäuser, die Nachfolgeprobleme hatten oder in finanziellen Schwierigkeiten waren. Um der schwedischen Billigkette Ikea in Österreich Paroli zu bieten, starteten sie 1989 außerdem den Möbeldiskonter Möbelix. Anfang der 1990er-Jahre begannen sie Deutschland aufzurollen, im Jahr 2000 folgte Tschechien.

Sechs neue Möbelhäuser pro Jahr

Mit schneller Expansion und nie enden wollenden Rabattaktionen brachte die Möbelgruppe mit Sitz in Wels viele Mitbewerber unter Zugzwang — etwa Kika/Leiner in Österreich. Im Schnitt eröffnete die Einrichtungskette sechs Möbelhäuser pro Jahr. 2002 startete man mit dem Einrichtungshaus Mömax eine günstigere, moderne Vertriebslinie. Ein Jahr später überholte XXXLutz in Österreich den bisherigen Marktführer Kika/Leiner. Seit 2008 ist die Einrichtungskette mit Möbelix auch in Ungarn, der Slowakei, Tschechien und Kroatien vertreten. 2020 startet Mömax in Polen.

Zukäufe Schlag auf Schlag

Den Einstieg beim deutschen Möbelhändler Poco im Jahr 2014 und bei der französischen Einrichtungskette But 2017 wollte nur Andreas Seifert riskieren, er übernahm die Beteiligungen auf eigene Rechnung. Poco und But sind aber über den Giga-Einkaufsverband mit XXXLutz verbunden.

Im Jahr 2019 folgten weitere Zukäufe quasi Schlag auf Schlag. So hat in der nächsten Zeit XXXLutz alle Hände voll zu tun, seine jüngsten Eroberungen zu integrieren: XXXLutz sicherte sich die Osteuropa-Filialen von Kika, kaufte die Hälfte an der fünftgrößten deutschen Möbelkette Roller und übernahm mit Pfister mit dessen Marken, Hubacher, Egger und Svoboda den größten Einrichtungshändler in der Schweiz. „Wir wollen überall, wo wir sind, die Nummer eins sein. Das ist kein Geheimnis. Wir wollen nicht zulassen, dass sich reine Digital-Player und Amerikaner den Möbelhandel in Europa holen", sagte XXXLutz-Sprecher und Marketing-Chef Thomas Saliger im APA-Gespräch. Viele Branchen seien von außen revolutioniert worden. „Ein Nicht-Hotelier hat booking.com erfunden, ein Nicht-Taxifahrer Uber. Das wird uns nicht passieren."

Immer noch in Familienbesitz

Durch die mehrmaligen Eigentümerwechsel bei Kika/Leiner und die damit verbundene Verunsicherung der Kunden hat XXXLutz die Marktführerschaft in Österreich weiter ausbauen können. Aktuell betreibt die Firmengruppe über 320 Einrichtungshäuser in zwölf europäischen Ländern, dazu zählen Österreich, Deutschland, Tschechien, Ungarn, Slowenien, Slowakei, Kroatien, Rumänien, Bulgarien, Schweiz, Schweden und Serbien. Würde man die Filialen aller Beteiligungen von Andreas Seifert dazurechnen, wären es sogar über 900 Filialen.

Die Welser Möbelkette befindet sich noch immer im Besitz der Familie Seifert, die Firmenanteile sind in der WSF Privatstiftung (Stifter Richard Seifert) und LSW Privatstiftung (Stifter Andreas Seifert) geparkt. Bis heute tritt die Familie nicht öffentlich in Erscheinung, als Gesicht nach außen fungiert Firmensprecher Thomas Saliger. Der gelernte Jurist ist bereits seit 24 Jahren bei der Möbelkette. Im Jahr 2017 verstarb Richard Seifert. Sein Bruder Andreas (65) ist noch höchst aktiv im Tagesgeschäft.

Über Nachfolgeprobleme macht man sich bei der Möbelkette keine Sorgen: Michael Seifert, Nikola Seifert, Nicole Seifert und Julia Fronik sind bereits als Geschäftsleitung der XXXLutz-Kommanditgesellschaft (KG) eingetragen, geht aus dem rmenbuch/"WirtschaftsCompass" hervor. Einen Jahresabschluss mit Gewinnangabe muss XXXLutz als Kommanditgesellschaft nicht veröffentlichen. Nur so viel: Die Gewinnlage sei „gut", sagte Firmensprecher Saliger. (APA)

Geheime Umsätze und Kritik von Arbeitnehmerseite

Samt Pfister und Kika-Osteuropa wird die XXXLutz-Gruppe per Jahresanfang 2020 auf einen Umsatz von 5,1 Milliarden Euro kommen, nach 4,4 Milliarden Euro im Jahr 2018. Mehrere Beteiligungen erhöhen den Umsatz rein rechnerisch auf 9,7 Milliarden Euro. Im Vergleich dazu macht die Nummer eins IKEA zuletzt weltweit einen Umsatz von rund 37 Milliarden Euro.

Das Firmengeflecht von XXXLutz ist eherundurchsichtig. Gesellschaftsrechtlich gehört der deutsche Möbeldiskonter Poco zu 100 Prozent dem XXXLutz-Miteigentümer Andreas Seifert, genauso wie das französische Einrichtungshaus But (zu 50 Prozent). Im Oktober kaufte die XXXLutz-Gruppe 50 Prozent der Anteile am deutschen Möbeldiskonter Roller und dem Möbel-Einzelhandelsunternehmen tejo/Schulenburg. Auf den Umsatz von fast 10 Mrd. Euro kommt man nur, wenn man die Umsätze all dieser Beteiligungen miteinrechnet. Einen Jahresabschluss mit Gewinnangabe muss XXXLutz als Kommanditgesellschaft nicht veröffentlichen.

Kritisch wird der Konzern von Gewerkschaften gesehen. Mobbing, Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz, Druck bei den Umsatzvorgaben oder kurzfristige Kündigungen von Lagermitarbeitern sind nur einige Vorwürfe, die dem Konzern in der Vergangenheit unter anderem in Deutschland angelastet wurden. "Das Unternehmen ist nach wie vor feindselig gegenüber Betriebsräten und Gewerkschaften, verweigert einen konstruktiven Dialog und begeht nach wie vor Tarifflucht", sagte vida-Gewerkschafter Orhan Akman

Auch in Österreich wundert sich die Vorsitzende der GPA-djp, Barbara Teiber, dass ein Unternehmen dieser Größenordnung keinen Betriebsrat hat. "Das spricht für eine betriebsratsfeindliche Haltung des Unternehmens", so Teiber. Die Gruppe beschäftigt 23.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, etwa 10.000 davon in Österreich, darunter rund 1000 Lehrlinge.

Bei Lutz hat man laut Saliger nichts gegen Betriebsräte. "Wir sind ein Familienunternehmen. Wir bemühen uns jeden Tag um unsere Leute. Wir haben grundsätzlich gar nichts dagegen. Wenn sie wollen, können sie einen gründen. Es ist ein Recht der Arbeitnehmer."

(Die Gespräche führten Kathrin Niederdorfer und Christoph Schlemmer)

Werbe-Ikonen: XXXLutz "Familie Putz feierte heuer ihr 20. Jubiläum".
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