Eine Bluttat mit Schauwert
Krimivergnügen in den Kammerspielen der Josefstadt: Werner Sobotka inszeniert Agatha Christies Roman „Mord im Orientexpress“.
Wien – In Erwartung eines vielversprechend vergnüglichen Theaterabends war das Premierenpublikum schon anfangs guter Stimmung. Und wurde nicht enttäuscht, hat man doch an den Kammerspielen, der Bühne für die leichtere Muse des Theaters in der Josefstadt, auf ein sicheres Pferd gesetzt und dabei nichts dem Zufall überlassen. Agatha Christies berühmter Kriminalroman „Mord im Orientexpress“ in der Fassung des amerikanischen Dramatikers Ken Ludwig („Otello darf nicht platzen“), am Donnerstag als deutschsprachige Erstaufführung aus der Taufe gehoben, wird wohl die Kassen der Josefstadt zum Klingeln bringen. Zu verdanken ist der Erfolg in erster Linie dem Komödientempo-geeichten Regisseur Werner Sobotka, der den vor allem aufgrund seiner exzellenten Verfilmungen sattsam bekannten Krimi auch auf der Bühne mit filmischen Mitteln unterfüttert hat, ohne dabei jedoch den sehr viel eingeschränkteren Schauplatz Theater zu verraten.
Walter Vogelweider hat einen eleganten After-Eight-grünen Zug auf die Drehbühne der Kammerspiele gestellt, in dessen Räumen, Abteilen und Speisezug der blutige Mord und dessen Aufklärung stattfinden. Das Kolorit der Zwischenkriegszeit, ein bisschen Pelz, Glamour und Tweed, repräsentieren zudem die Kostüme von Elisabeth Gressel, die wenigen Videos (Jan Frankl) atmen ebenso den Charme der Stummfilmära. In dieser Szenerie kann sich Christies Personal bequem einrichten, zuallererst natürlich der berühmteste Belgier. Josefstadt-Veteran Siegfried Walther zeichnet den Detektiv Hercule Poirot um Einiges sympathischer und zuvorkommender, als die Romanfigur und auch die Film-Alter-Egos vorgeben. Eine gute Entscheidung und eine durchaus glaubwürdig repräsentierte Behauptung!
Spaß macht zudem das ungleiche Gespann der Marianne Nentwich (Prinzessin Dragomiroff) und Therese Lohner (Greta Ohlsson), lustvoll alle Register ziehend verkörpert Ulli Maier die mondäne Mrs. Hubbard. Werner Sobotkas offensichtlich sehr genaue, auf exaktes Timing bedachte Schauspielerführung, immer im Verein mit Darstellern, die ihm da zu folgen in der Lage sind, lässt wirklich dichte und dadurch komödiantisch punktgenaue Szenen entstehen.
Genussvoll zu beobachten bei Johannes Seilern als Chef der Zuggesellschaft oder bei Paul Matic´, der sowohl als Mordopfer Samuel Ratchett wie in der Rolle des trockenen Oberst Arbuthnot überzeugt. Ihnen stehen Alexandra Krismer (Mary Debenham) oder Michaela Klamminger als frisch-forsche ungarische Gräfin in nichts nach. Martin Niedermair und Markus Kofler komplettieren ein Ensemble, dessen erfreuliche Spiellaune für einen gelungenen Theaterabend sorgt. (lietz)