CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer stellt Führungsfrage und gewinnt
Nach einer Reihe von Wahlniederlagen sucht die CDU nach ihrer Parteilinie. Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer bot ihren Rückzug von der Parteispitze an. Der darauhin folgende minutenlange Applaus wurde von der Partei als klares Signal und Unterstützung für Kramp-Karrenbauer ausgelegt.
Leipzig – Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat angesichts andauernder Kritik die Machtfrage gestellt – und sie vorerst für sich entschieden. Wenn die Partei nicht bereit sei, ihren Kurs mitzugehen, solle sie dies beim Parteitag entscheiden, sagte sie am Freitag in Leipzig. „Dann lasst es uns heute aussprechen. Dann lasst es uns heute auch beenden. Hier und jetzt und heute“, erklärte die Parteichefin zum Schluss ihrer Rede.
Sie riss die etwa 1000 Delegierten damit von ihren Plätzen: Sie applaudierten ihr stehend rund sieben Minuten. Auch Merz, der ihr im Rennen um den CDU-Vorsitz voriges Jahr knapp unterlegen war, erhob sich von seinem Stuhl und klatschte lange. Kramp-Karrenbauer war wegen Wahlschlappen und schwachen Umfragewerten für sie persönlich und die Partei heftig in die Kritik geraten.
Beifall als „klares Signal“
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, der den Parteitag leitete, sagte anschließend: „Der Applaus zeigt: Heute wird nicht Schluss gemacht, Annegret. Heute geht es erst richtig los.“ In der Aussprache meinte Hessens Regierungschef Volker Bouffier dann zu dem großen Beifall: „Das war ein klares und deutliches Signal.“ Es könne nicht sein, dass die CDU sich weiter zerstritten zeige.
Zuvor hatte Kramp-Karrenbauer ihre Kritiker in die Schranken gewiesen. Es dürfe nicht sein, dass die CDU sich selbst und die von ihr geführte Bundesregierung schlechtrede. „Das ist keine erfolgreiche Wahlkampfstrategie“, sagte Kramp-Karrenbauer unter großem Applaus. Sie reagierte damit vor allem auf Kritik ihres Rivalen Friedrich Merz, der das Erscheinungsbild der CDU-geführten Bundesregierung als „grottenschlecht“ bezeichnet hatte.
Kramp-Karrenbauer sagte dagegen über die bisherige Regierungszeit von Merkel: „Es waren 14 gute Jahre für Deutschland, und darauf können wir alle miteinander stolz sein.“
„AKK“ will mehr Gelassenheit
Die CDU-Vorsitzende rief zu mehr Gelassenheit auf. Es sei vor dem Parteitag von „Revolution“ und „Aufruhr“ die Rede gewesen. Ein Blick zurück zeige, dass das vor Parteitagen fast immer so sei. Sie räumte ein, dass es ein schwieriges Jahr gewesen sei. Und trotzdem relativiere sich jetzt einiges, wo der Parteitag begonnen habe. Die Volkspartei CDU halte diese Diskussionen aus. „Wir lassen uns nicht in den Ruin hineinschreiben“, rief Kramp-Karrenbauer. Die Bürger interessierten sich mehr dafür, was man in Zukunft machen wolle, als für CDU-Personaldebatten.
Der Wirtschaftspolitiker Friedrich Merz sagte daraufhin Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer seine Unterstützung zu und verzichtete auf Kritik an ihr. Kramp-Karrenbauer habe auf dem Parteitag eine „kämpferische, mutige und nach vorne zeigende Rede gehalten“, sagte Merz am Freitag vor den Delegierten. „Dafür sind wir ihr alle dankbar“, sagte er.
Merz stichelt gegen SPD
Merz führte die SPD als mahnendes Beispiel dafür an, welchen Schaden es anrichte, wenn sich eine Partei zu sehr mit internem Personalstreit beschäftige. „Die Sozialdemokraten sind strukturell illoyal“, sagte Merz. „Und wir sind loyal zu unserer Vorsitzenden, der Parteiführung und der Bundesregierung, die wir tragen.“ Die Jahre der CDU-geführten Regierung seien „gute Jahre für Deutschland“ gewesen, betonte Merz.
Merz hatte kürzlich für Verärgerung auch in der eigenen Partei gesorgt, als er das Erscheinungsbild der Großen Koalition als „grottenschlecht“ kritisierte. Innerparteilich gilt er als Rivale Kramp-Karrenbauers um die Kanzlerkandidatur. Die Parteichefin hatte zuvor ihren Rücktritt angeboten, falls sie für ihren Kurs keine Unterstützung findet.
AKK-Rivale für Vielfalt in CDU
In einem Punkt grenzte sich Merz aber deutlich von Kramp-Karrenbauer und der CDU-Führung ab. Gruppierungen wie die rechtskonservative Werte-Union und die liberale Union der Mitte müssten „ihren Platz in der Union“ haben, sagte er. Die CDU könne „keinen Zuspruch finden, wenn wir innerhalb der eigenen Partei Einzelne oder ganze Gruppen ausgrenzen“, sagte er. Die derzeitige Parteiführung sieht die Aktivitäten dieser Gruppierungen hingegen kritisch.
Für seinen Parteitagsauftritt erhielt Merz knapp zwei Minuten Beifall. Kramp-Karrenbauer hatte zuvor sieben Minuten stehende Ovationen erhalten. (dpa)