CDU eröffnete Bundesparteitag in Leipzig

Die konservative deutsche Regierungspartei CDU hat am Freitag ihren Bundesparteitag in Leipzig eröffnet. Bei dem Treffen der mehr als tausend Delegierten werden lebhafte Diskussionen zum Zustand der Partei erwartet, die nach einer Serie von Wahlniederlagen nicht aus dem Umfragetief kommt. Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer warnte in ihrer Rede die Partei vor schädlicher Selbstkritik.

Laut Kramp-Karrenbauer sei es „keine erfolgreiche Wahlkampfstrategie“, wenn sich CDU-Politiker nun von der Bilanz der 14-jährigen Regierungszeit von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel (CDU) distanzierten. Für die CDU und ihre Wahlkämpfer sei es schädlich, „wenn man den Bürgern sagt, es war alles schlecht in den letzten 14 Jahren“.

Kramp-Karrenbauer räumte ein, dass die CDU seit ihrem Amtsantritt ein „schwieriges Jahr“ durchgemacht habe - „das gebe ich ganz offen zu“. Zugleich warnte sie aber vor Schwarzmalerei: Vor dem Parteitag sei in vielen Medienberichten die Rede davon gewesen, dass in Leipzig eine „Revolution, ein Aufruhr“ bevorstehe. „Wir lassen uns nicht in den Ruin hineinschreiben“, mahnte sie.

Weiters rief sie ihre Partei auf, sich Personaldebatten zu verkneifen. „Was wir tun müssen“, sei die Frage, die die Menschen interessiere. Das interessiere „wesentlich mehr“, als „wer was werden kann“, sagte sie unter dem Applaus der Delegierten.

Dem Koalitionspartner SPD warf Kramp-Karrenbauer eine verfehlte Sozialpolitik vor. „Wir wollen Wohlstand für alle, aber nicht Wohlfahrt für alle“, sagte Kramp-Karrenbauer. Wohlstand müsse erst erwirtschaftet werden, ehe er verteilt werde - dies sei der Unterschied zwischen Union und SPD.

Angela Merkel selbst riet ihrer Partei zu Geschlossenheit. Die CDU solle das Motto des letztjährigen Parteitags „beherzigen“, sagte Merkel. Das Motto damals lautete: „Zusammen führen und Zusammenführen.“ Wenn sich die CDU daran halte, könne sie auch das diesjährige Motto „Realität werden lassen“, sagte die Kanzlerin - „Deutschlands starke Mitte“. Sie selber wolle daran „weiter arbeiten als Bundeskanzlerin“.

Sie erhielt nach der Begrüßung durch ihre Nachfolgerin Kramp-Karrenbauer auffallend viel Applaus und Standing Ovations. Die etwa 1.000 Delegierten standen auf und klatschten etwa zwei Minuten. Die Kanzlerin wirkte fast verlegen, strahlte und machte schließlich Zeichen, mit dem Applaus aufzuhören.

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In der Früh nahmen Delegierte in der Nikolaikirche an einem Ökumenischen Gottesdienst teil, einem Zentrum der friedlichen Revolution in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Das sollte auch ein Zeichen an jene Ostdeutschen sein, die vor 30 Jahren für mehr Freiheit auf die Straße gegangen waren und den Fall der Berliner Mauer erzwungen hatten.

Mit besonderer Spannung wird die Rede von Kramp-Karrenbauers Rivalen Friedrich Merz erwartet, der sich mit Vorschlägen zur inhaltlichen Positionierung der CDU zu Wort melden will. Merz war Kramp-Karrenbauer vor rund einem Jahr bei der Vorsitzendenwahl knapp unterlegen und gilt als Konkurrent um die Kanzlerkandidatur.

Auf dem Parteitag steht nur ein einziger Wahlgang an: Die Bundestagsabgeordnete Silvia Breher soll am Nachmittag zur stellvertretenden Parteichefin gewählt werden. Die Niedersächsin übernimmt das Amt von der bisherigen Vizechefin Ursula von der Leyen, die als EU-Kommissionspräsidentin nach Brüssel wechselt.