Rennen um Nachfolge von Cheftouristiker Parth beim TVB offen
Neuwahl am 16. Dezember: Langzeitobmann steigt aus, offiziell bewerben sich derzeit zwei Kandidaten. Es könnten aber noch mehrere antreten.
Von Helmut Wenzel
Ischgl — In der Freizeitwirtschaft kennt er sich aus wie nur wenige seiner Funktionärskollegen in Österreich. Pointierte Kommunikation ist eine der Leidenschaften von Cheftouristiker Alfons Parth (62). Das Ruder beim damaligen TVB Ischgl hat er 1987 übernommen. Den inzwischen fusionierten Talverband Paznaun-Ischgl führte er stets zu neuen Höhenflügen: In der Bilanz 2017/2018 sind 2,78 Mio. Nächtigungen vermerkt. Womit der Verband tirolweit auf Platz 3 hinter Ötztal und Innsbruck liegt.
Mit 16. Dezember endet die Ära Parth. Auf den Stimmgruppenlisten zur Neuwahl im Rahmen der TVB-Vollversammlung scheint sein Name nicht mehr auf. Hat er einen Wunschnachfolger? — Am Freitag sagte er auf TT-Anfrage: „Jeder, der diese Aufgabe anstrebt, will das Beste geben. Es wird eine demokratische Wahl geben." Zur Frage, wer Favorit sein könnte, hielt er sich ebenfalls bedeckt: „Das Orakel von Delphi hat auch nicht immer Recht gehabt."
Aus ihrem Ziel, die Führungsposition zu übernehmen, machen derzeit zwei Kandidaten kein Geheimnis: Andreas Steibl (54) und Alexander von der Thannen (48).
„Der Alfons hat mehr als 30 Jahre einen Superjob gemacht. Er hat den Verband auch durch turbulente Situationen geführt", streut Steibl, seit 18 Jahren TVB-Geschäftsführer, dem scheidenden Obmann Rosen. „Tourismus ist für mich mehr als nur ein Job. Man muss sich zu 100 Prozent identifizieren. Es ist eine Leidenschaft, die mich erfüllt."
Zur Weiterentwicklung der Lifestyle-Metropole samt Talregion bringe er großen Einsatz und viele Ideen mit. „Manchmal läuft der Job 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche." Zur Marke Ischgl sagt er: „Ich bin stolz, dass ich einen Beitrag zur Entwicklung leisten konnte."
Kürzlich tourte er, begleitet von einem TVB-Team und Seilbahnern, mit einem begehbaren Riesenhelm durch europäische Großstädte: „Für den Markenartikel Ischgl gibt es kein Ruhekissen. Schon gar nicht im digitalen Zeitalter. Da müssen alle Kanäle der Kommunikation auf Aktivmodus eingestellt sein."
Bewährtes möchte Steibl, wenn er zum Obmann gewählt wird, nicht ändern. Das gilt etwa für die Konzerte zum Saisonstart, zu Ostern und zum Finale. „Damit haben wir ein Alleinstellungsmerkmal." Große Herausforderungen sieht er hingegen in der Stärkung des Sommertourismus. „Die Saison soll ausgedehnt werden." Wichtig ist ihm das Projekt „Auslastungsmanagement". Der Verband soll anhand von Buchungsdaten kurzfristig reagieren können.
Im touristischen Familienbetrieb seiner Eltern aufgewachsen ist Alexander von der Thannen. Seine wirtschaftliche und touristische Kompetenz ausgebaut habe er je fünf Jahre als Aufsichtsrat und Vorstandsmitglied im TVB Paznaun-Ischgl. „Ich kenne mich aus im Tal und auch im Tourismusland Tirol", hob er am Samstag hervor. Zudem übt der Geschäftsführer des Ischgler Hotels Trofana Royal die Wirtschaftskammerfunktion des Bezirkssprechers für Tourismus aus.
Im Zuge der touristischen Weiterentwicklung „des Tales und des Bezirkes" sieht er ein dickes Paket an Themen. „Auch der Klimadebatte werden wir uns nicht verschließen können." Vorwürfe von Umweltorganisationen, wonach in Tourismusorten die Natur zerstört werde, weist er entschieden zurück: „Wir schützen die Natur, sie ist unsere Lebensgrundlage. Unsere Beschneiungsanlagen werden ausschließlich mit chemiefreiem Wasser gespeist."
Eine Daueraufgabe bleibe die Verbesserung des An- und Abreiseverkehrs im Tal. Auf das Thema Wertschöpfung im Sommer hat er als Tourismussprecher wiederholt aufmerksam gemacht. „Vielfach haben wir hochwertige Angebote, aber zu niedrige Preise. Da sehe ich noch viel Handlungsbedarf." An den Schrauben der Silvretta-Card, „All-inclusive-Karte" für die Sommergäste, müsse ebenfalls gedreht werden.
In der Stimmgruppe II fällt auf, dass drei Frauen an der Spitze gereiht sind. Spitzenkandidatin Mirjam Walser misst dieser Reihung jedoch keine besondere Bedeutung zu. „Das hat sich so ergeben. Ich will jedenfalls nicht Obfrau werden." Dennoch sei sie bereit, eine andere Aufgabe im Verband zu übernehmen.
Eine „Einserbank", wie das mit Alfons Parth bei vergangenen Wahlen der Fall war, gibt es diesmal offenbar nicht, wie mehrfach aus „gewöhnlich gut informierten Touristikerkreisen" im Paznaun zu hören war. In den kommenden Tagen würden noch Kooperationsgespräche, Sondierungen und Wahlwerbung laufen, heißt es aus Insiderkreisen.
Neben je einer Liste der Stimmgruppen I und II treten zwei Listen der Gruppe III an. „Das ist sicher ein Hinweis für großes Interesse an der Neuwahl", sagte Gerhard Föger, Leiter der Tourismusabteilung des Landes. „Aber die Namen auf den Stimmlisten sind kein Hinweis auf den künftigen Vorstand."
In dem zweistufigen Ermittlungsverfahren wählen die TVB-Mitglieder zuerst zwölf Aufsichtsräte. Der Aufsichtsrat plus die kooptierten Bürgermeister (derzeit Toni Mattle aus Galtür und Helmut Ladner aus Kappl) wählen dann den Obmann sowie zwei Stellvertreter. Bei Stimmengleichheit entscheidet laut Föger das Los.