„König Karotte“ regiert in der Volksoper
Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient. Im Falle der Bewohner von Krokodyne ist es „König Karotte“. Die selten gespielte Operette Jacques Offenbachs erwies sich bei der Premiere Samstagabend an der Volksoper als anhaltend aktuell. Matthias Davids inszenierte ein flottes Panoptikum politischer Anspielungen, die bis zur österreichischen Politrealität reichten. Es wurde herzlich aufgenommen.
Ob es nun die Speichellecker im eigenen Kabinett sind, oder die böse Hexe Kalebasse, die der Bevölkerung das Wurzel-Kabinett via zielgenauer Propaganda mittels Zauberspruch eingebrockt hat, muss man nicht erst ausholend erklären. Bier vernichtende Studenten in stilisierter Burschenschafter-Kluft waren dabei noch die harmloseren politischen Anspielungen. Wie der opportunistische Polizeichef nämlich weiß: „Ohne uns kippt die Karotte nach links.“
Dabei ist diese deutschsprachige Fassung von „Le Roi Carotte“ nicht so ganz frisch aus dem Gemüsebeet, die Inszenierung wurde bereits im vergangenen Jahr in der Staatsoper Hannover gezeigt. An Aktualität hat die Koproduktion nichts eingebüßt, weswegen sich die Couplets nun „Donald“, „Boris“ und politischen Postenbesetzungen in österreichischen Casinos widmen. Trotzdem ist der Stoff auch schlicht als fabelhafte, durchgeknallte Kinderoper geeignet.
Rastlosigkeit wird in dieser schnellen wie bunten Produktion von den Darstellern gefordert. Wobei man darüber hinwegsehen kann, dass bei so viel Trubel auch hin und wieder der Atem stockt. Mirko Roschkowski als der von der Karotte gestürzter Prinz Fridolin muss dabei den Berufsjugendlichen geben, der von Julia Koci als Prinzessin Kunigunde bald zugunsten des Gemüses fallen gelassen wird. Schuld daran trägt Christian Graf, der als Hexe Kalebasse auch als Travestiekünstler brilliert.
Besondere Aufmerksamkeit erlangte nicht nur beim Schlussapplaus Amira Elmadfa, die den guten Geist Robin trotz eines flinken Bühnen-Parcours auch stimmlich gefühl- und kraftvoll wiedergab. Guido Mancusi gab sich im Orchestergraben alle Mühe, Offenbachs Zerrissenheit zwischen Oper und Operette auszugleichen. Für eine Partitur, die seit 100 Jahren in der Volksoper nicht mehr entstaubt wurde, gelang dies immerhin souverän.
So wurde - wie es sich im politischen Diskurs bewährt hat - nach der Aufführung nur im Stillen da und dort gemotzt, der Schlussapplaus fiel eindeutig zustimmend aus. Selbst die Regie, das oft etwas zerrissene Bühnenbild und die genialen Gemüse-Kostüme, wurden beklatscht. Man weiß ja nie, wann die Karottenrepublik ausgerufen wird.