Nach Triumph in Steiermark: ÖVP feiert und wartet ab
Die Volkspartei und Hermann Schützenhöfer sind die Sieger der steirischen Wahl. Einen Wunschpartner für eine künftige Koalition nennen die Gewinner noch nicht.
Graz –Der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer bleibt dabei: Erster Ansprechpartner für die Gespräche nach der steirischen Landtagswahl von gestern ist die zweiplatzierte Partei, also die SPÖ. Eine Präferenz für die künftige Koalition in der Grazer Burg ließ sich der Wahlsieger aber noch nicht entlocken. Er wolle zuerst das Ergebnis der Wahlkartenauszählung abwarten. Dieses soll heute Abend vorliegen.
Am klaren Vorsprung der ÖVP können die Wahlkarten aber nichts mehr ändern. Schützenhöfer hat für seine Partei die Mehrheit im Landtag zurückgeholt, die 2005 erstmals seit 1945 an die SPÖ gegangen war. Landeshauptmann war Schützenhöfer dennoch bereits seit 2015, nachdem ihm der damalige SPÖ-Chef Franz Voves dieses Amt überlassen hatte.
Die Gründe für das Wahlergebnis lagen laut einer Wahltagsbefragung des Instituts SORA für den ORF in der Steiermark. Demnach war die Wahl für mehr als die Hälfte der ÖVP- und der FPÖ-Wähler und sogar für fast zwei Drittel der SPÖ-Wähler eine rein steirische Entscheidung. Nur von den Wählern der Grünen haben 82 Prozent die Bundespolitik in ihre Entscheidung einbezogen.
Bei den SPÖ- und den ÖVP-Wählern waren die meistdiskutierten Themen die Gesundheitsversorgung und die Krankenhäuser: In der Obersteiermark läuft eine heftige Debatte über das so genannte „Leitspital“, das im Bezirk Liezen drei bisherige Krankenhäuser ersetzen soll.
Bei den FPÖ-Wählern war das Thema Zuwanderung und Integration bestimmend, bei den Grünen der Umwelt- und Klimaschutz.
Bisher regierte Schützenhöfer in einer Koalition mit der SPÖ und Michael Schickhofer. Dieser hatte die Entscheidung der ÖVP für vorzeitige Wahlen heftig kritisiert.
Schickhofer will trotz der massiven Verluste für die Sozialdemokraten an der Spitze bleiben und hat sich Schützenhöfer auch schon als Partner für eine Fortsetzung der Koalition angeboten. Bundesvorsitzende Pamela Rendi-Wagner war gestern gar nicht nach Graz gekommen, sondern kommentierte das bittere Resultat nur aus der Ferne. Umgekehrt will Schickhofer ab sofort wieder an den Sitzungen der SPÖ-Bundesgremien teilnehmen, aus denen er sich während des Wahlkampfes zurückgezogen hatte.
Diskutiert wurde in Graz aber auch eine Regierung der ÖVP mit den Grünen, die ihr Ergebnis fast verdoppeln konnten, sowie den NEOS, die mit voraussichtlich zwei Mandaten erstmals in den steirischen Landtag einziehen werden. Den NEOS fehlen jetzt noch die Landtage in Oberösterreich, Kärnten und dem Burgenland, wo sie im Jänner die Chance auf einen Einzug bekommen.
Schützenhöfer kommentierte die grün-pinke Dreiervariante hörbar zurückhaltend: „Charmant wäre diese und jene Koalition. Aber ich muss ja auch Reformen durchbringen.“ Grünen-Chefin Sandra Krautwaschl sieht ihr Ergebnis ungeachtet dessen als Rückenwind für Klimaschutz und ein „eindeutiges Zeichen für Veränderung in der Steiermark“.
Schützenhöfer nannte als zentrale Themen für die nächsten fünf Jahre Arbeit, Wirtschaft und Klimaschutz. Schützenhöfer ist jetzt 67. Er bekräftigt, für die ganze Periode von fünf Jahren zur Verfügung zu stehen.
Eine steirische Besonderheit bleibt die KPÖ, die sogar zulegen konnte. Ihr ist es gelungen, sich ausgehend von Graz als glaubwürdige Sozialpartei zu positionieren.
Für allfällige Koalitionsgespräche angeboten hat sich auch der freiheitliche Wahlverlierer Mario Kunasek, der die Initiative für das Vorziehen der Wahl gesetzt hatte. An einen Rücktritt denkt er offenbar nicht. (APA, sabl)
Wahl-Splitter
Wahlmotive. Die im Bund laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen haben die Wählerinnen und Wähler in der Steiermark kaum beeinflusst. Darauf lässt eine Wahltagsbefragung von Peter Hajek Public Opinion Strategies für ATV schließen. Demnach gaben 61 Prozent an, vom Ausblick auf eine mögliche türkis-grüne Koalition „gar nicht" in ihrer Wahlentscheidung beeinflusst worden zu sein. Das stärkste Wahlmotiv bei ÖVP und SPÖ war das Faktum „Stammwähler", bei der FPÖ die Themen „Grenzschutz/Asylpolitik" und bei den Grünen „Umwelt/Klimaschutz". Die KPÖ konnte mit Sympathie und sozialen Themen punkten, die NEOS-Wähler gaben (neben dem Parteiprogramm) auch den Wunsch an, die liberale Kleinpartei im Landtag vertreten zu sehen. Hajek befragte in der Vorwoche 1220 SteirerInnen (+/- 2,8 %).
Kandidaten. Zumindest einen Spitzenplatz konnten auch die Freiheitlichen einfahren, oder eigentlich: ihr Spitzenkandidat. Denn Ex-Verteidigungsminister Mario Kunasek war für 51 Prozent der FPÖ-Wähler wichtig für ihre Entscheidung. Erst an zweiter Stelle landete Wahlsieger Hermann Schützenhöfer. Für 40 Prozent der ÖVP-Wähler war er ein wichtiges Motiv. Für 31 Prozent der SPÖ-Wähler war es der rote Spitzenkandidat Michael Schickhofer. Claudia Klimt-Weithaler war immerhin für ein Viertel der KPÖ-Wähler wichtig. Abgeschlagen landeten Niko Swatek von den NEOS mit 19 und Sandra Krautwaschl von den Grünen mit elf Prozent auf den Plätzen.
Landtag. In der nächsten Legislaturperiode werden im Landtag so viele Parteien vertreten sein wie noch nie, denn die NEOS schaffen den Einzug. Die KPÖ ist schon seit Jahren vertreten.
Bundesrat. Die SPÖ verliert nach der Steiermark-Wahl auch im Parlament in Wien an Gewicht, sprich im Bundesrat ihre Sperrminorität. Bisher hatte die SPÖ ein Drittel der Abgeordneten in der Länderkammer und konnte Verfassungsänderungen, die in Landeskompetenzen eingreifen, im Alleingang blockieren. ÖVP und Grüne gewinnen ein Mandat im Bundesrat.