Musik aus Österreich

,,Sing“: Folkshilfe präsentieren ihr neues, ,,bestes“ Album

Florian Ritt im Interview mit der APA.
© APA

Das heimische Trio Folkshilfe veröffentlicht mit ,,Sing“ sein drittes Album. Obwohl sie eigentlich keine politische Band sind, können sie ,,auch nicht ganz die Gosch'n halten“ und fordern auf, einen Schritt zurück zu gehen.

Wien —"Bahö" hieß nicht nur das zweite Album der Folkshilfe, diese Stimmung ist auch bei den Konzerten des Trios Programm: Mit Gitarre, Schlagzeug und Ziehharmonika werden die Fans mitgerissen, ausverkaufte Shows in Österreich und Deutschland sind der beste Beweis. Am Freitag erscheint die neue Platte „Sing", und das Motto lautet weiterhin: „Wir wollen die Quetschn wieder nach vorne bringen."

Immerhin habe sich seit den 1990ern und Hubert von Goisern in diesem Bereich nicht viel getan, betont Florian Ritt im APA-Interview. „Wir gehen aber einen anderen Weg, kommen nicht so stark vom Land und sind keine Volksmusikanten, die irgendwo ausbrechen müssen. Wir sind Musiker, die sich in dieser Besetzung entdecken und erfinden wollen." Dementsprechend sieht der Sänger und Ziehharmonikaspieler die Formation auch als „Popband" - wenngleich eine sehr vielseitige, wie die zwölf neuen Tracks eindrucksvoll untermauern.

„Das beste Album, das wir jemals gemacht haben"

Vom eingangs gesetzten Titelsong, der mit mehrstimmigem Gesang und pointierter Rhythmik überzeugt, über das flotte „Simone" und die bluesig angehauchte Nummer „Hau o" bis zum gesellschaftspolitischen Gestus von „Stopp" reicht die Auswahl, die auch das besondere Gespür von Ritt, Gabriel Fröhlich (Schlagzeug) und Paul Slaviczek (Gitarre) für Melodien in die Auslage stellt. „Es ist das beste Album, das wir jemals gemacht haben - für uns jedenfalls", so Ritt. „Wie sie ankommt, kannst du bei Musik ja nie sagen. Aber wichtig sind uns drei Säulen: Von wo kommt Folkshilfe her, wie sind wir gerade drauf, und wie kann Folkshilfe in Zukunft klingen?"

Das Trio möchte die "Quetschn" wieder nach vorne bringen.
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Ein wesentlicher Bestandteil für die Gruppe, die zuletzt an die 100 Konzerte pro Jahr gegeben hat, ist natürlich der Dialektgesang. „Was uns daran interessiert, ist die Ästhetik und wie es klingt. Es ist cool, Wörter zu finden, wie etwa bei 'Dengmase', wo es dann heißt: 'Irgendwonn sengmase.' Das könnte vom Klang her auch im senegalesischen Raum aufgenommen worden sein. Bei uns passiert so etwas immer sehr patchworkmäßig", erläutert Ritt. „Wir schreiben gemeinsam, und es gibt immer Themen, die dir durch den Schädel gehen. Manche Sachen sind intimer, da gibt es von gewissen Personen mehr. Aber am Ende des Tages kasernieren wir uns ein und schauen, was passiert. Es muss gut klingen und sich flüssig anhören."

In dieser Hinsicht sehe er durchaus eine Verwandtschaft zum Italo-Pop. „Denn selbst wenn wir im Norden Deutschlands spielen und uns die Leute nicht verstehen, sollen sie es spüren! Das ist sicher unser Zugang. Wir sind keine Singer-Songwriter, wir schreiben keine Gedichte und gehen damit in den Proberaum, um sie zu vertonen. Stattdessen haben wir eher ein Thema oder eine Phrase, die uns beschäftigt, und im Jam entsteht dann ein Song." Gewisse „No-Gos" gebe es im Dialekt trotzdem für das Trio. „Einige Ausdrücke sind stigmatisiert, was es natürlich schwieriger macht. Aber es kann durchaus sein, dass das bei jemand anderem vielleicht funktioniert."

Können „auch nicht ganz die Gosch'n halten"

Ganz deutlich wird die Folkshilfe jedenfalls im bereits erwähnten „Stopp": „Wir sind keine politische Band, haben aber durchaus politische Texte und einfach eine klare Haltung", nickt Ritt. „Einige Dinge waren ja beim 'Bahö'-Album schon spürbar", verweist er auf die in mehreren Etappen erfolgte Bundespräsidentenwahl oder das heuer aufgekommene Ibiza-Video. „Gefühlt sind wir sowieso immer im Wahlkampf, was letztlich die Steuerzahler ausbaden müssen. Es werden Überschriften gemacht, aber im Endeffekt bleibt alles gleich", meint Ritt. „Es ist schade, dass das der Masse so wurscht ist." Komplexe Themen könne man jedenfalls nicht mit einem Zweizeiler als Wahlkampfslogan beantworten. „Da können wir auch nicht ganz die Gosch'n halten als Folkshilfe", so der Sänger.

Demokratie brauche natürlich verschiedene Meinungen. „Aber es könnte schon Konsensthemen geben wie zum Beispiel einen Wahlkampf klar zu budgetieren und nicht alle machen zu lassen, was sie wollen", sagt Ritt. Oft werde das „normale" Volk gegeneinander ausgespielt. „Diskutiert wird über Migration, gleichzeitig pulvern die Parteien jährlich gefühlt Millionen in den Wahlkampf rein. Aber ein Flüchtling bekommt nicht seine Mindestsicherung und in der Bildung wird gespart? Irgendwie ist das alles mit 'Stopp' gemeint", erklärt der Musiker und hat einen Rat parat: „Geht mal einen Schritt zurück, atmet tief ein und überlegt, was da eigentlich wirklich passiert!"

Einen Schritt zurückgehen, tief einatmen und überlegen was da wirklich passiert, rät Florian Ritt.
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Erreichen kann die Folkshilfe mit diesen Anliegen ein potenziell ziemlich großes Publikum, sitzt das Trio stilistisch doch zwischen den Stühlen. „Die Leute auf unseren Konzerten sind wirklich sehr divers und heterogen", stimmt Ritt zu. Für manche sei die „Quetschn" ein Anreiz, andere würden vom Dialekt angesprochen. „Folkshilfe ist letztlich eine Haltung. Wir strahlen aus, dass jeder, der da ist, auch willkommen ist. Und gemeinsam können wir eine gute Zeit haben. Jeder soll machen, was er will - nur nicht auf Kosten anderer." Gelegenheit dafür bietet sich auf der am 21. März 2020 in Dornbirn beginnenden „Sing"-Tour. (APA)

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