Kind mit Punsch verbrüht: Kein Schadenersatz für Verletzte

Ein damals achtjähriges Mädchen, das bei einer Silvesterfeier am 31. Dezember 2017 im Pongau mit heißem Punsch verbrüht und schwer verletzt worden ist, bekommt keinen Schadenersatz. Ein Politiker, der das Heißgetränk ausschenkte, müsse nicht zahlen, hat nun der Oberste Gerichtshof (OGH) laut einem Bericht der Tageszeitung „Die Presse“ von heute, Montag, entschieden.

Zu dem „Silvesterpunsch“ hatte eine ÖVP-Ortspartei geladen. Das Mädchen war mit einer Freundin sowie den Müttern der beiden zu der Veranstaltung gekommen. Der Parteichef füllte vier Becher mit Kinderpunsch und stellte sie vor der Gruppe ab. Alle vier wollten zugreifen, weil der Becher aber heiß war, stellten sie das Getränk zurück auf den Tisch. Doch dann fiel einer der Becher um. Die auslaufende Flüssigkeit ergoss sich in den Stiefel des Mädchens. Das Kind erlitt Verbrühungen an seinem Bein.

Die Schülerin musste zur Behandlung der Verletzung ihre langen Haare opfern, denn die Kopfhaut musste für Hauttransplantationen verwendet werden. Narben und Hautschädigungen am Unterschenkel dürften bleiben. Die strafrechtlichen Ermittlungen wurden eingestellt. Zivilrechtlich versucht die Familie seither, von der Partei (der Landes-ÖVP, denn die Ortsgruppe hat keine Rechtspersönlichkeit) oder dem damaligen Ortsparteichef selbst Schadenersatz zu bekommen.

Vor dem OGH ging es nun um die Frage, ob der Mann, der ausgeschenkt hatte, haftet. Er hatte den Vorfall seiner Haftpflichtversicherung gemeldet. Sie zahlte dem Mädchen 3.000 Euro. Doch ihre Familie forderte für das Mädchen knapp 58.000 Euro Schadenersatz und eine Haftung für künftige Unfallfolgen.

Vor Gericht bestritt der geklagte Mann, schuld zu sein. Er habe den Becher nicht umgestoßen. Auch habe er den Schaden nie anerkannt, sondern bloß seinen Versicherungsvertreter angerufen, um den Schaden zu melden. Er habe auch nicht gewusst, dass der Schaden danach schriftlich der Versicherung angezeigt wurde, erklärte der Beklagte. Veranstalter des Fests sei er als Ortsparteichef auch nicht gewesen, er habe nur als Mitarbeiter ausgeschenkt.

Der Rechtsanwalt der Familie war der Ansicht, dass durch die Zahlung der Versicherung bereits ein Anerkenntnis für den Schaden vorliege. Überdies habe sich der damalige Ortsparteichef sorglos verhalten. Schließlich habe er ein siedend heißes Getränk in unmittelbarer Nähe von Kindern abgestellt. Der Mann entgegnete, dass er den Becher nicht umgestoßen habe. Wer es war, konnte vor Gericht nicht mehr festgestellt werden.

Das Landesgericht Salzburg hatte die Klage der Familie abgewiesen - mit der Argumentation, es habe damals keiner Warnung der Vierergruppe durch den Ortsparteichef bedurft, schließlich hätten alle selbst bemerkt, wie heiß der Punsch war. Sie alle hätten diesen in die Hand genommen und dann wieder zurück auf den Tisch gestellt, eben weil er zu warm war. Das Mädchen sei auch von seiner Mutter gewarnt worden. Aus der Versicherungsmeldung könne man auch noch nicht ableiten, dass die Forderungen des Kindes anerkannt wurden. Schließlich habe die Versicherung das Kind nur „unverbindlich“ aufgefordert, seine Forderungen bekannt zu geben.

Auch das Oberlandesgericht Linz teilte diese Ansicht. Der OGH begründete seine Entscheidung damit, dass der beklagte Mann nicht Veranstalter gewesen sei. Dadurch scheide eine Veranstalterhaftung für ihn aus. Zudem habe es sich bei der Ausgabe des Kinderpunsches um eine Schenkung gehandelt, für den Mann hätten keine erhöhten Sorgfaltspflichten gegolten. Es möge zwar sein, dass die Partei hoffte, aus der Veranstaltung Kapital zu schlagen, indem sie Wählerstimmen lukriere. Das ändere aber nichts am „Schenkungscharakter“ einer Veranstaltung, bei der gratis Getränke ausgegeben werden.