Ein Transitkapitel als Wunschzettel im Advent
In Wien verhandelte eine türkis-grüne Untergruppe gestern das Thema Verkehr. Ein eigenes Transitkapitel ist versprochen – die Wunschliste aus Tirol eine lange.
Von Manfred Mitterwachauer
Innsbruck –ÖVP-Chef und Bald-wieder-Kanzler Sebastian Kurz hatte es im Wahlkampf versprochen. Dass in einem neuen Koalitionsabkommen dem Thema Transit ein eigenes Kapitel gewidmet wird. Egal, mit welcher Partei die ÖVP koalieren wird. Gestern nun beratschlagten sich Türkis und Grüne zum zweiten Mal in der Untergruppe Verkehr.
Für die Tiroler Grünen verhandelt hier die für Verkehr zuständige LHStv. Ingrid Felipe selbst in Wien mit. Von Seiten der Tiroler ÖVP wurde gestern kein Vertreter in diese Untergruppe entsandt, was da und dort dann doch für einige Verwunderung sorgte. Stattdessen soll der langjährige VP-Nationalrat Hermann Gahr darauf achten, dass alle Tiroler VP-Interessen in den Verhandlungsgruppen einen Niederschlag finden. So auch beim Verkehr.
Während sich die Verhandler nicht in die Karten blicken lassen, was denn nun so ein Verkehrs- und Transitkapitel an konkreten Maßnahmen, Plänen und Vorhaben beinhalten werde, ist die Wunschliste aus Tirol eine lange. Die TT hat sich umgehört:
1Transitforum: Grundsätzlich gibt Transitforum-Obmann Fritz Gurgiser zu bedenken, dass viele der notwendigen Maßnahmen zur Reduzierung des (Transit-)Verkehrs nicht in die Kompetenz des Bundes, sondern in jene der EU fallen würden. Ein Hebel, den Güterverkehr zu reduzieren, seien die überfällige EU-weite Steuer- und Abgabenharmonisierung sowie jene des europäischen Schienenverkehrs. Die neue Koalition müsse sich zu einem neuen Mautsystem bekennen und/oder die Mineralölsteuer (zweckgebunden) erhöhen. Darüber hinaus sei auch eine Kostenwahrheit zwischen der Straße und der Schiene herzustellen. Kompromisse zugunsten der Regionalwirtschaft und zu Lasten der Gesundheit seien abzustellen, fordert Gurgiser, der letztlich bei seiner Kritik bleibt, dass ein Transitkapitel realpolitisch wenig Wert besitze: „Weil wir gewohnt sind, dass das Unterschriebene nicht eingehalten wird.“
2Wirtschaftskammer: In einem teilt WK-Präsident Christoph Walser die Meinung von Gurgiser: „Das Transitproblem lösen wir nur auf europäischer Ebene.“ Eine solche sei auch die Alpentransitbörse – also eine Art der mengenmäßigen Beschränkung der Lkw-Fahrten über den Brenner. Walser nennt hier 1,5 Mio. Lkw pro Jahr als Ziel bis 2027. Das wäre um gut eine Million weniger als noch im vergangenen Jahr. Eine Beschleunigung des Baus der deutschen Zulaufstrecken zum Brennerbasistunnel müsse ebenso Teil eines Transitkapitels sein wie die Forderung nach einem europaweiten Ausbau der Schieneninfrastruktur (Verladeterminals alle 350 Kilometer). Sollte all das umgesetzt sein, so müsse aber auch vereinbart werden, dass „alle bestehenden Lkw-Fahrverbote zurückgenommen werden müssen“, fordert Walser. Im Reise- und Individualverkehr seien ebenso „grundlegende Maßnahmen und Einschnitte“ notwendig. Sich nur auf den Lkw-Transit zu fixieren, sei zu wenig, so Walser. Infrastrukturprojekte wie Fernpass- oder Tschirganttunnel gehörten im Koalitionspakt verankert.
3Arbeiterkammer: Auch AK-Boss Erwin Zangerl hat schon eine Verkehrs-Wunschliste für die Verhandler in Wien parat. So gehöre ein „Generalverkehrsplan“ zwischen Bund und Ländern initiiert. Öffentlicher wie individueller Verkehr seien gesamthaft zu planen. Die AK fordert auch eine zweckgebundene Lkw-Maut für das niederrangige Straßennetz. Eine Erhöhung der Lärmschutzbudgets, weitere Lkw-Dosiersysteme, ein Öffi-Ticket für Bus und Bahn sowie steuerliche Anreize zum Öffi-Umstieg sollten in dem Verkehrs- bzw. Transitkapitel verankert werden, fordert Zangerl „ein Paket im Sinne Tirols“.