EU-Parlament bestätigt von der Leyens Kommission

Das EU-Parlament hat die neue EU-Kommission von Ursula von der Leyen bestätigt. Das neue Kollegium, in dem Österreich durch Johannes Hahn als Budgetkommissar vertreten ist, erlangte am Mittwoch in Straßburg die notwendige einfache Mehrheit im Plenum. Damit kann die neue EU-Kommission am 1. Dezember ihr Amt antreten.

Von den 751 EU-Abgeordneten nahmen 707 an der Abstimmung teil, 461 stimmten für das Kollegium und 157 dagegen. 89 Mandatare enthielten sich ihrer Stimme. Das Ergebnis ist besser als jenes des scheidenden EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Junckers vor fünf Jahren - damals stimmten 422 Abgeordnete für den Luxemburger, 250 dagegen, 47 enthielten sich. Juncker war auf Twitter unmittelbar nach der Abstimmung einer der ersten, der gratulierte.

Von der Leyen war im Juni von den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union für den EU-Spitzenposten ausgesucht und im Juli mit einer sehr knappen Mehrheit von nur neun Stimmen vom Europaparlament bestätigt worden. Das Abstimmungsergebnis für ihr Team fiel nun deutlich besser aus.

„Meine besten Wünsche für die neue Kommission und die Präsidentin“, erklärte EU-Parlamentspräsident David Sassoli im Anschluss die Abstimmung, unterzeichnete das Anerkennungsschreiben und überbrachte es der sichtlich erleichterten künftigen EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen persönlich. Erstmals seit mehr als 50 Jahren stellt nun Deutschland wieder die Spitze der mächtigen Brüsseler Exekutive - und erstmals überhaupt übernimmt eine Frau den EU-Chefposten.

Von der Leyen hatte in einer Rede vor den Abgeordneten am Vormittag für die nächsten fünf Jahre einen umfassenden Wandel in Europa angekündigt, der die gesamte Gesellschaft und Wirtschaft berühren werde. „Wir tun das, weil es das Richtige ist, nicht weil es einfach sein wird“, sagte die Deutsche. Und sie betonte die Botschaft: „Lasst uns an die Arbeit gehen.“

Von der Leyen warb erneut für ihre wichtigsten Ziele, darunter eine neue, stärkere Rolle Europas in der Welt, ein ehrgeiziger Klimaschutz im Rahmen eines „Green Deal“ und eine Digitalisierung der europäischen Wirtschaft mit klaren Standards und Regeln. Sie bekräftigte ihre Ankündigung eines Konzepts für Asyl und Migration. Die Menschen erwarteten, dass Europa eine gemeinsame Lösung für diese Herausforderung finde. Großbritannien sagte sie trotz des für Ende Jänner geplanten Brexits eine enge Partnerschaft zu.

Österreich ist in der EU-Behörde zum dritten Mal durch Johannes Hahn vertreten, diesmal in der Funktion des EU-Budgetkommissars. Die Kommission von der Leyen kommt mit einem Monat Verspätung ins Amt, da nach der Ablehnung von drei erstnominierten Kommissarsanwärtern - Sylvie Goulard aus Frankreich, Laszlo Trocsanyi aus Ungarn und Rovana Plumb aus Rumänien - Ersatzkandidaten gefunden werden mussten.

Nach Ansicht von SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder wäre die Verzögerung zu vermeiden gewesen, „hätte man schon früher die Bedenken des EU-Parlaments ernst genommen“. „Mit nationalen Egotrips muss jetzt Schluss sein“, so Schieder. Mit dem heutigen Votum heiße es für das Team von von der Leyen: „An die Arbeit!“ Othmar Karas, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, forderte eine rasche Umsetzung des „ambitionierten“ Programmes. „Es geht um die Neuorientierung der Europäischen Union in Richtung einer ökosozialen Marktwirtschaft, zum Technologieführer im Kampf gegen den Klimawandel, der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit durch die Schaffung eines gemeinsamen Forschungsraums und eines Selbstverständnisses als Sprecherin Europas in der Welt“, so Karas.

NEOS-EU-Abgeordnete Claudia Gamon, die der von der Leyen-Kommission vor wenigen Wochen noch sehr kritisch gegenüber stand, stimmte am Mittwoch für die deutsche CDU-Politikerin. Grüne und FPÖ zeigten sich kritisch. Die Fraktion der Grünen enthielt sich bei der Abstimmung, will aber laut der österreichischen EU-Delegationsleiterin Monika Vana „eine konstruktive, aber auch kritische Partnerin sein“ und ist „offen für positive Überraschungen“. Die FPÖ-Mandatare stimmten gegen die neue Kommission, weil „augenscheinlich“ der „Zentralisierungskurs weitergefahren“ werde, wie FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky in einem Statement für die APA mitteilte.

Die EU-Kommission legt Gesetze vor und überwacht die Einhaltung des gemeinsamen europäischen Rechts. Bezeichnet wird sie deshalb als „Hüterin der Verträge“. Das Kollegium der Kommissare ist ähnlich organisiert wie eine Regierung mit unterschiedlichen Ressorts.

Jedes EU-Land soll mit einem Kommissar vertreten sein. Großbritannien weigerte sich jedoch, vor der Parlamentswahl am 12. Dezember einen EU-Kommissar zu stellen, weshalb die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen London eingeleitet hat.