Konzerne: Österreich gegen öffentliche Steuertransparenz und Sammelklagen
Die öffentliche Konzern-Steuertransparenz bekam vorerst keine Mehrheit. Bei den neuen Regelungen zum Thema Sammelklagen hat sich Österreich der Stimme enthalten.
Brüssel, Wien – Die Veröffentlichung von Konzernsteuerberichten (öffentliches Country-by-Country-Reporting) hat unter den Wirtschaftsministern der EU-Staaten am Donnerstag keine nötige qualifizierte Mehrheit erhalten (weder 55 Prozent der EU-Staaten oder 65 Prozent der EU-Bevölkerung). Neben Österreich haben elf weitere Staaten mit entsprechender Bevölkerungszahl dagegen gestimmt. Deutschland hat sich enthalten.
„Steuerliche Transparenz wird von allen Mitgliedsstaaten begrüßt und darüber gab es heute auch keine Diskussion. Allerdings haben einige Mitgliedsstaaten, darunter Österreich, auf die fehlende bzw. unzureichende Rechtsgrundlage für die Behandlung dieses Themas hingewiesen“, sagte Österreichs Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl in Brüssel zur APA. „Da es sich hierbei um ein Steuerthema handelt, sehen wir das Thema nicht bei den Wirtschaftsministern sondern im Ecofin-Rat (Finanzministerrat, Anm.) angesiedelt.“
Mit Klagen zu rechnen
Von Österreich waren im Vorfeld auch grundsätzliche und weitere rechtliche Bedenken geltend gemacht worden. Der Vorschlag der EU-Kommission hätte ursprünglich Einstimmigkeit verlangt. Da diese nicht in Sicht war, wurde der Vorschlag der Veröffentlichungspflicht in eine andere EU-Richtlinie gegossen, wodurch eine qualifizierte Mehrheit für den Beschluss reicht. Dass nun auf eine andere Rechtsgrundlage zurückgegriffen wird, sehen neben Österreich weitere EU-Mitgliedsstaaten sehr skeptisch. Der juristische Dienst der Mitgliedsstaaten sagt, dieses Vorgehen sei nicht möglich. Daher sei ein Beschluss rechtlich angreifbar, sagen Kritiker. Bei einer Umsetzung ist wohl auch mit Klagen betroffener Konzerne vor dem EuGH zu rechnen.
Inhaltlich sorgen sich die Gegner, dass es zu Nachteilen europäischer Firmen im weltweiten Wettbewerb kommt, sollte die Richtlinie umgesetzt werden. So hätten die USA schon angekündigt, den Steueraustausch ihrerseits zu überdenken, wenn Töchter von US-Unternehmen betroffen sind. Auch könnten etwa chinesische Konzerne durch die Einsicht in die Reportings Wettbewerbsvorteile generieren, da sie auf die Strategie von Unternehmen schließen könnten.
Österreich auch gegen das neue Sammelklagenrecht in der EU
Alle EU-Mitgliedsländer haben sich heute für neue Verbandsklageregeln ausgesprochen - außer Österreich und Deutschland, die sich enthalten haben. Das erfuhr die APA am Donnerstag aus Ratskreisen. Es geht vor allem um neue Sammelklage-Möglichkeiten von Bürgern gegen Konzerne, die auch länderübergreifend möglich werden sollen. Anlassfall für den Vorschlag der EU-Kommission war der VW-Abgasskandal.
„Inhaltlich selbstverständlich notwendig und sinnvoll, gar kein Thema“, sagte Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl zur Intention an sich noch vor Beginn des heutigen EU-Wettbewerbsrates, bei dem die Abstimmung erfolgte. Das gesamte Konvolut sei aber „überbordend und nicht zielführend“, kritisierte sie die Fülle an Rechtsakten, die insgesamt geändert werden sollen, rund 60. „Wenn es darum geht, dass wir uns selber so ein enges Korsett schnüren, dann kann ich das nicht positiv sehen. Daher enthalten wir uns.“
Durch das mehrheitliche Ja können die Verhandlungen im Trilog mit dem Europaparlament beginnen. Das kann länger dauern. Nach einer endgültigen Einigung haben die Mitgliedsstaaten dann noch weitere 30 Monate Zeit für eine Umsetzung. (APA, TT.com)