Albanien-Beben: Hoffnung auf Überlebenden-Bergung schwindet
Zwei Tage nach dem schweren Erdbeben in Albanien ist die Zahl der Todesopfer auf 40 gestiegen. Die Hoffnung, Überlebende zu finden, schwindet indes zusehends. Rettungskräfte fandne in der Nacht auf Donnerstag laut Verteidiungsministerium zehn weitere Leichen aus den Trümmern. Am Donnerstag gab es gegen Mittag ein weiteres Beben.
Nach Angaben des Seismologischen Zentrums Europa-Mittelmeer belief sich die Stärke des neuerlichen Erdbebens auf 5,1. Das Epizentrum lag im Adriatischen Meer, etwa 26 Kilometer westlich von Durres.
Die österreichische Regierung stellt Tirana 600.000 Euro an Hilfsgeldern zur Verfügung. Mit diesen Mitteln der Austrian Development Agency (ADA) sollen in Hinblick auf den Winter zerstörte Hauser rasch wieder aufgebaut werden, teilte das Außenministerium mit. Albanien ist seit 1992 ein Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Bereits nach einem Beben am 21. September hatte Außenminister Alexander Schallenberg Albanien Unterstützung für die betroffene Bevölkerung zugesagt. Diese werde nun aufgestockt.
Das Beben der Stärke 6,4 hatte am Dienstag in der Früh den Westen Albaniens erschüttert. Am schwersten betroffen waren die Hafenstadt Durres und der nahegelegene Ort Thumana. Dort stürzten viele Gebäude ein, Dutzende weitere wurden beschädigt. Rund 650 Menschen wurden verletzt. Die Zahl der Vermissten war am Donnerstag weiter unklar. Rund 50 Menschen wurden bei Suchaktionen bisher lebend geborgen.
Mit der Unterstützung von Spürhunden und rund 200 Experten aus ganz Europa suchten Bergungsteams in den Ruinen nach weiteren Verschütteten. Doch mit jeder weiteren Stunde schwand die Hoffnung, noch Überlebende zu finden. Am Donnerstag wurden die Bergungsarbeiten in Thumana eingestellt. Nach dem Fund von 20 Leichen werde dort niemand mehr vermisst, teilte das Verteidigungsministerium mit.
In der bei Touristen beliebten Hafenstadt Durres dauerte die Tragödie indes an: In der Nacht fanden die Bergungskräfte unter den Trümmern eines sechsstöckigen Gebäudes die eng umschlungenen Leichen einer Mutter und ihres Sohnes. Damit sei die gesamte Familie dem Beben zum Opfer gefallen, sagte ein Helfer. Nach seinen Angaben waren am Vortag bereits Vater und Tochter tot geborgen worden.
Eine Frau, deren Schreie noch am Dienstag aus den Trümmern eines weiteren eingestürzten Hauses zu hören gewesen waren, wurde inzwischen zwar lebend geborgen, starb aber kurz darauf im Krankenhaus. Ihr totes Kind war die gesamte Zeit neben ihr gelegen.
Die Regierung in Tirana hatte am Vortag für die beiden Orte einen 30-tägigen Notstand ausgerufen. Tausende Menschen, die in Durres bisher in Zelten ausharren mussten, wurden in der Nacht auf Donnerstag in Hotels und einem Sportzentrum untergebracht.
Einige von ihnen können möglicherweise schon bald in ihre Wohnungen zurückkehren, sobald die Sicherheitskontrollen abgeschlossen sind. Den anderen versprach Regierungschef Edi Rama, dass sie noch im nächsten Jahr in neue Wohnungen umsiedeln können. In Albanien, einem der ärmsten Länder Europas, wird häufig illegal gebaut - und oftmals ohne Rücksicht auf die Sicherheit der Gebäude.
Das Rote Kreuz versorgt von der Naturkatastrophe betroffene Menschen mit Wasser, Nahrung und Unterkünften, leistet medizinische Hilfe und psychosoziale Unterstützung. „Rund 2.000 Familien sind obdachlos und müssen derzeit in Notunterkünften ausharren“, sagte Michael Opriesnig, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes. Die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften plant den Umfang ihrer Hilfe auf drei Millionen Euro aufzustocken und bat um Spenden.
SOS-Kinderdorf hilft mit psychologischer Betreuung für Kinder. Therapeuten der Einrichtung haben in drei Nothilfezentren der örtlichen Behörden in Tirana ihre Arbeit aufgenommen.