Mord an Journalistin - Druck auf Maltas Regierung steigt

Maltas Regierung gerät wegen der Ermittlungen im Fall der ermordeten Journalistin Daphne Caruana Galizia zunehmend unter Druck. Ein unlängst in dem Fall festgenommener Geschäftsmann sieht die Hintermänner des Auftragsmordes in den obersten politischen Rängen des EU-Landes, wie am Donnerstag aus Polizei- und Justizkreisen verlautete.

Der vergangene Woche festgenommene prominente Geschäftsmann Yorgen Fenech bot am Donnerstag an, Informationen preiszugeben, die in Beziehungen stünden zu Ex-Stabschef Keith Schembri, Ex-Tourismusminister Konrad Mizzi, Wirtschaftsminister Chris Cardona sowie andere Personen aus dem näheren Umfeld von Ministerpräsident Joseph Muscat.

Als Gegenleistung fordert Fenech seine Begnadigung. Er reichte dazu bei einem Gericht einen entsprechenden, an Präsident George Vella adressierten Antrag ein. Fenechs Anwälte unterstrichen, Muscat solle nicht an der Entscheidung über das Gnadengesuch beteiligt werden, da er „zu den Personen zählen könnte, die vielleicht ein Interesse daran haben, dass so eine Begnadigung nicht gewährt wird“.

Zwei mit den Ermittlungen vertraute Personen sagten, Fenech habe gegenüber der Polizei Ex-Stabschef Keith Schembri als Drahtzieher des Mordes bezichtigt. Das Kabinett kam zu einer Krisensitzung zusammen. Schembri wurde unterdessen aus Polizeigewahrsam entlassen. Er hat seit seiner Festnahme keine Erklärung abgegeben, aber davor jegliche Verstrickung in den Fall zurückgewiesen. Muscat ist mit Schembri befreundet.

Aus der Opposition werden inzwischen Rufe nach Muscats Rücktritt laut. Der Mordfall hat zudem Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit auf der Mittelmeer-Insel geschürt. Das EU-Parlament entsendet eine Delegation in das kleinsten EU-Land, die die Entwicklung untersuchen soll.

Das Europaparlament will nach dem Rücktritt ranghoher Politiker im Zusammenhang mit dem Mord an der Journalistin Daphne Caruana Galizia Abgeordnete nach Malta schicken. Mitglieder der Beobachtungsgruppe für Rechtsstaatlichkeit würden auf die Insel reisen, sagte die Vorsitzende der Gruppe, die Niederländerin Sophie in‘t Veld, am Donnerstag im Europaparlament in Straßburg.

Absicht der Reise sei es nicht, sich in nationale Angelegenheiten einzumischen, betonte sie. Der Druck auf Valletta müsse jedoch aufrechterhalten werden, damit die Wahrheit ans Licht komme, sagte die Abgeordnete. Die Minister des Mittelmeerstaats wurden einem Medienbericht zufolge zu einer dringenden Kabinettssitzung am Donnerstagabend zusammengerufen. „Die Lage ist sehr ernst“, sagte der stellvertretende maltesische Premierminister Chris Fearne der Zeitung „The Times of Malta“ vor dem Treffen. Er nannte keine weiteren Details.

Zu Beginn der Woche waren Keith Schembri, der Stabschef des maltesischen Premierministers Joseph Muscat, und Tourismusminister Konrad Mizzi zurückgetreten. Wirtschaftsminister Chris Cardona ließ mitteilen, dass er sein Amt ruhen lässt. Alle drei haben bisher bestritten, in den Fall verwickelt gewesen zu sein. Muscat habe diese Menschen die ganze Zeit geschützt und immer wieder verteidigt, kritisierte Manfred Weber, Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP). Das Europaparlament müsse dagegen gemeinsam die Stimme erheben, so Weber.

Caruana Galizia war am 16. Oktober 2017 in ihrem Auto in die Luft gesprengt worden. Die damals 53-Jährige hatte unter anderem über Korruption bei Regierung und Geschäftsleuten auf Malta recherchiert. Drei Männer wurden festgenommen und angeklagt. Sie sollen den Sprengsatz gebaut und gezündet haben. Wer hinter ihnen steckte, ist bishers unklar.