Salzburger Festspiele präsentierten sich in Moskau

Auf ihrer „Roadshow“ zur Präsentation der Salzburger Festspiele 2020 haben Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler und Intendant Markus Hinterhäuser am Donnerstag in Moskau Station gemacht. Neben der Vorstellung der wichtigsten Produktionen beschworen sie die Bedeutung russischer Künstler für Salzburg. Die Rede war aber auch von der Relevanz des Festivals für dessen Freunde in Russland.

„Wenn Sie nach Salzburg kommen, werden Sie auch mit eigenen Augen sehen, dass der internationale Dialog auf Basis der Musikkultur direkt und offen geführt wird“, erklärte im Theater an der Malaja Bronnaja zunächst Unternehmer Dmitri Aksenov, der 2013 eine Gesellschaft der russischen Freunde der Salzburger Festspiele gründete und ihr vorsteht.

Die Gespräche über die „wichtigen Dinge“, über den Sinn des Lebens und das Ewige, hätten hier auch in einer konflikt- und spannungsgeladenen Zeit nicht aufgehört und man würde gerade in Salzburg auf wechselseitiges Verständnis mit Menschen aus der ganzen Welt stoßen, warb er um neue Mitstreiter. Laut Booklet der russischen Freundesgesellschaft ist man ab 10.000 Euro in der Kategorie „Silber“ und ab 50.000 Euro in der Kategorie „Gold“ dabei. Gegenüber der APA sprach Aksenov von aktuell etwa 20 Mitgliedern.

In ihrer Rede auf der Theaterbühne verwies Festivalpräsidentin Rabl-Stadler auf die weiterhin aktuelle Friedensmission der Festspiele, die Hugo von Hofmannsthal, Max Reinhardt und Richard Strauss mit der Gründung 1920 verfolgt hatten. „Sie waren überzeugt, dass Kultur fähig ist, eine Brücke zwischen verfeindeten Völkern zu bauen und sie nach dem Ersten Weltkrieg wieder zu versöhnen“, sagte sie.

Rabl-Stadler und in Folge auch Intendant Hinterhäuser unterstrichen unisono auch die große Bedeutung, die Sänger, Pianisten und Regisseure aus Russland für das Festival stets gespielt hatten. Vor einer Gesangseinlage der russischen Sopranistin Nadezhda Pavlova, die 2020 die Donna Anna in Mozarts „Don Giovanni“ gibt, brachte sie ihre Hoffnung zum Ausdruck, bald von „unserer Nadezhda Pavlova“ sprechen zu können. Sie verwendete das Attribut „unser“ auch in Bezug auf Anna Netrebko. Die Festspiele hätten die Sängerin nach einem ersten Auftritt als Blumenmädchen in Wagners „Parsifal“ „erfunden“, sagte sie.

„Eine Präsentation ist auch immer eine Gelegenheit, ‚Danke‘ zu sagen: Wir haben in Österreich die Redensart ‚Ohne Göd ka Musi‘“, erklärte die Festspielpräsidentin. Konkret bedankte sie sich bei der Gesellschaft der russischen Freunde, bei der v-a-c-Stiftung des Gasoligarchen Leonid Michelson, die 2020 „Don Giovanni“ unter der musikalischen Leitung von Teodor Currentzis und Regie von Romeo Castellucci unterstützt, sowie beim Gazprom-Konzern für die Hilfe bei „Boris Godunow“.

Die Salzburger Inszenierung der Mussorgski-Oper, die am 20. August 2020 Premiere feiern wird, könnte im nächsten Jahr aber auch politisch brisant sein: „Es wird erwartet, dass die Premiere von ‚Boris Godunow‘ zum wichtigsten kulturellen Ereignis im Rahmen des Österreich-Besuchs unseres Staatsoberhaupts sein wird“, verrieten die russischen Freunde der Festspiele in ihrem Booklet ein offenes Staatsgeheimnis.

Spätestens seit der russischen Protestsaison im Winter 2011/2012 gilt die Oper in Russland als höchst politisch aktuell. Damals hatte etwa die feministische Punkgruppe „Pussy Riot“ in einer sichtlichen Godunow-Anspielung die Gottesmutter aufgefordert, Wladimir Putin zu vertreiben, und war dafür mit Gefängnis bestraft worden. Auch der Langzeitpräsident selbst war wiederholt mit dem historischen Zaren verglichen worden. Mit jener Interpretation des Stoffes, die am Donnerstagabend der Intendant der Salzburger Festspiele in Moskau präsentierte, hätte man im Kreml womöglich nur bedingt Freude: „‘Boris Godunow‘ handelt nicht von starken Protagonisten. In der Tat ist Boris nicht einer der stärkste Herrscher - er wird von der Dynamik, von der Kraft und der Gewalt des Volkes weggefegt“, erläuterte Markus Hinterhäuser.