Juncker und Tusk verabschieden sich aus ihren EU-Posten

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk verabschieden sich am Freitag aus ihren Ämtern. Tusk übergab in einer Zeremonie die Amtsgeschäfte an seinen Nachfolger Charles Michel. Juncker gab mittags eine letzte Pressekonferenz in jetziger Funktion, bevor seine Nachfolgerin Ursula von der Leyen übernimmt.

Offiziell ist der Amtsantritt der neuen Führung der Europäischen Union für den 1. Dezember vorgesehen, also für Sonntag. Von der Leyens Kommission hatte erst am Mittwoch die letzte Hürde im Europaparlament genommen und ist damit startklar. Michel war bereits im Sommer von den EU-Staats- und Regierungschefs bestimmt worden. Der 43-Jährige war bis vor kurzem belgischer Ministerpräsident.

Die Führung des Europäischen Rates sei eine „interne polnisch-belgische Affäre“, scherzte Tusk. „Und ich sehe keinen Grund, dies zu ändern“, so Tusk. Der Pole Tusk hatte das erst mit dem Lissabon-Vertrag geschaffene Amt von dem Belgier Herman Van Rompuy übernommen, Michel ist so wie Van Rompuy ein belgischer Ex-Premier.

„Europa ist der beste Platz auf der Welt, zumindest solange es der Kontinent der Freiheit und Rechtsstaatlichkeit ist, der von Menschen bewohnt wird, die sich ihrer Geschichte und Kultur bewusst sind“, sagte der sichtlich gerührte Pole Tusk bei der Zeremonie. Sein Ziel sei es gewesen, die Einheit der Union zu bewahren und dieses Ziel solle auch weiterhin aufrecht gehalten werden, sagte er.

Nachdem Tusk Michel die goldene Gipfel-Glocke des Ratsvorsitzenden als Symbol für die Übergabe der Amtsgeschäfte übergeben hatte, brach lang anhaltender Applaus aus. „Bitte hören Sie auf, ich beginne sonst zu weinen“, sagte der scheidende Ratspräsident, was Michel dazu veranlasste, den Wunsch zu äußern, am Ende seiner Amtszeit auch auf diese Weise verabschiedet zu werden.

„Ich werde sie weise und laut benutzen, wenn es notwendig ist“, kündigte Michel an, als er die Glocke übernahm. Es sei ihm eine große Ehre und Verantwortung, Ratspräsident zu werden. „Es wird ein Privileg sein, den europäischen Bürgern zu dienen“, sagte er. Dies wolle er mit einem „eigenen Stil“ tun. Zu diesem sollen die Offenheit für den Dialog und die Bereitschaft, Brücken zu bauen, zählen, wie er bei der Amtsübergabe erklärte.

Der ehemalige belgische Premierminister kündigte an, den Respekt und das gegenseitige Verständnis zwischen den europäischen Staats- und Regierungschefs fördern zu wollen. Michel lobte die Errungenschaften Europas, erinnerte aber: „Wir müssen wachsam bleiben.“

Die Aufgabe des Ratspräsidenten ist es, die Zusammenarbeit und die Gipfeltreffen der EU-Staaten zu koordinieren. Die Kommissionschefin führt ihrerseits die Brüsseler Exekutive der EU, die Gesetze vorschlägt und die Einhaltung des gemeinsamen Rechts überwacht. Zusammen mit dem Präsidenten des Europaparlaments sind sie die höchsten Repräsentanten der EU.

Juncker von den Europäern verabschiedete sich bereits schriftlich mit einer launigen Bilanz seiner Erfolge und Niederlagen. „Es ist kein Geheimnis, dass Europa die große Liebe meines Lebens ist und immer bleiben wird“, schrieb Juncker am Freitag in einer Kolumne für das Portal Politico.

„Die vergangenen fünf Jahre waren kein Picknick. Es gab schwierige Momente, die mir im Gedächtnis geblieben sind, und es gab sehr schöne Erinnerungen an sehr besondere Momente“, schrieb Juncker.

Zum Abschied teilte Juncker noch einmal etliche Anekdoten, so etwa, dass sein uraltes Nokia-Handy einst vom früheren französischen Präsidenten Jacques Chirac abgehört wurde oder dass er auf Zypern genug Halloumi-Käse für den Rest seines Lebens aufgetischt bekommen habe. „Ich habe ihnen das nicht erzählt, aber ich bin kein großer Fan dieses Gummizeugs“, schrieb Juncker.

Zu den schwierigen Zeiten zählte er die Griechenland-Krise 2015 sowie die EU-kritischen Referenden in den Niederlanden, in Dänemark, der Schweiz und schließlich die britische Entscheidung zum EU-Austritt. „In den vergangenen Jahren habe ich mich oft wie Europas Familientherapeut gefühlt, der versuchte, jeden glücklich und an Bord zu halten“, meinte Juncker. Nun werde er früher ausscheiden als die Briten - was ihn nicht unglücklich mache, „denn es bricht mir das Herz zu sehen, wie ein Mitglied unsere Union verlässt“.

Als Höhepunkte seiner Amtszeit strich er unter anderem das Pariser Klimaabkommen von 2015 und den 60. Geburtstag der EU in Rom 2017 heraus sowie die Abschaffung der Handy-Roaming-Gebühren 2017. Als besonderes Kompliment sieht er die Namen, die ihm US-Präsident Donald Trump verliehen habe: „Tough cookie“ (in etwa: harter Hund) und „brutal killer“.

Und auch vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der der NATO kürzlich den „Hirntod“ bescheinigt hatte, verabschiedete sich Juncker mit einer Spitze: „Europa muss eine starke Säule der NATO bleiben, die weniger „hirntot“ ist als in einem leichten Dämmerschlaf, aus dem sie leicht geweckt werden kann.“