Nach Mord an Journalistin steigt Druck auf Maltas Regierung
Maltas Regierung gerät zwei Jahre nach dem Mord an der Investigativ-Journalistin Daphne Caruana Galizia immer stärker in den Strudel der Ermittlungen. Sie wies am Freitag einen Antrag auf Straffreiheit des vorige Woche festgenommenen Geschäftsmanns Yorgen Fenech zurück.
Der prominente Unternehmer hatte am Donnerstagabend bei Gericht als Gegenleistung für eine Immunität angeboten, Informationen preiszugeben, die den kürzlich zurückgetretenen Stabschef Keith Schembri, den ebenfalls abgetretenen Tourismusminister Konrad Mizzi, Wirtschaftsminister Chris Cardona sowie andere Personen aus dem näheren Umfeld von Ministerpräsident Joseph Muscat beträfen. Fenechs Anwälte betonten, das Gnadengesuch richte sich explizit an Präsident George Vella. Muscat solle wegen eines Interessenskonflikts nicht beteiligt werden. Das Gericht wollte sich am Nachmittag damit befassen.
Das Kabinett beriet in einer Krisensitzung bis weit nach Mitternacht und entschied sich dann gegen eine Begnadigung. Muscat erklärte, er habe sich aus der Entscheidung bewusst herausgehalten und zuvor den Raum verlassen. Der Generalstaatsanwalt und die Polizei hätten allerdings von einer Begnadigung abgeraten, weil es dafür keine Gründe gebe. Die Polizei hatte kurz zuvor mitgeteilt, dass Muscats Anfang der Woche festgenommener Ex-Stabschef Schembri wieder freigelassen worden sei und nicht länger als Person von Interesse bei den Ermittlungen betrachtet werde. Aus Ermittlerkreisen war zuvor verlautet, Fenech habe gegenüber der Polizei Schembri als Drahtzieher des Mordes bezichtigt.
Schembri hat seit seiner Festnahme vor wenigen Tagen keine Erklärung abgegeben, aber davor jegliche Verstrickung in den Fall zurückgewiesen. Er galt als rechte Hand von Muscat und ist mit ihm befreundet.
Die Familie der in Malta bekannten Journalistin reagierte empört auf die Freilassung und wirft der Regierung Vertuschung vor. Caruana Galizia hatte ausführlich über Korruption berichtet und war bei der Explosion einer Autobombe im Oktober 2017 getötet worden. Kurz darauf wurden zwar drei mutmaßliche Täter festgenommen, die Hintermänner blieben aber bisher im Dunkeln. Die lange stockenden Ermittlungen kamen zuletzt allerdings in Bewegung, als vor zwei Wochen ein mutmaßlicher Mittelsmann festgenommen worden war. Ihm wurde ihm Gegenzug für eine Aussage Immunität zugesichert. Wenige Tage später wurde Fenech festgenommen, als er früh morgens mit seiner Yacht Malta verlassen wollte.
Tourismusminister Mizzi war am Dienstag zurückgetreten, Wirtschaftsminister Cardona lässt inzwischen sein Amt ruhen. Beide bestreiten ein Fehlverhalten. Sie stehen zudem gemeinsam mit Finanzminister Edward Scicluna im Mittelpunkt eines neuen Korruptionsfalls. Ein Richter ordnete am Freitag Ermittlungen gegen die drei Politiker wegen der Vergabe des Betriebs dreier Staatskliniken an ein Unternehmen an, dem die Opposition mangelnde Eignung vorwirft.
Caruana Galizia hatte vor ihrem Tod die Existenz einer verborgenen Offshore-Firma aufgedeckt, die nach Reuters-Recherchen Fenech gehörte und in E-Mails als Vehikel bezeichnet wurde, um geheime Panama-Firmen von Schembri und Mizzi zu finanzieren. Aus der Opposition werden mittlerweile Rufe nach Muscats Rücktritt laut. Der Regierungschef lehnt dies ab. Der Mordfall hat zudem Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit auf der Mittelmeer-Insel geschürt. Das Europäische Parlament entsendet eine Delegation in das kleinsten EU-Land, die die Entwicklung untersuchen soll.