Irakischer Ministerpräsident Mahdi will Rücktritt einreichen
Nach wochenlangen Protesten mit Dutzenden Toten hat der irakische Regierungschef und Oberbefehlshaber Adel Abdel Mahdi am Freitag bekanntgegeben, dass er dem Parlament seinen Rücktritt vorschlagen werde. Zuvor hatte das geistliche Oberhaupt der Schiiten im Land, Großayatollah Ali al-Sistani, den Umgang der Regierung mit den Protesten scharf kritisiert.
Sistani forderte das Parlament auf, seine Unterstützung für die Regierung, die nicht in der Lage zu sein scheine, mit der Situation umzugehen, zu überdenken. Er verurteilte das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten, das schon in einem Regierungsbericht als übermäßig kritisiert worden war. Zugleich forderte Sistani die Demonstranten auf, friedlich zu bleiben.
Die Zahl der Todesopfer seit Ausbruch der Proteste Anfang Oktober stieg am Donnerstag auf über 400. Der Unmut in der Bevölkerung richtet sich gegen die von Schiiten dominierte politische Elite, Misswirtschaft, Korruption und hohe Arbeitslosigkeit. Mittlerweile sind es die größten Unruhen seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Saddam Hussein im Jahr 2003.
Die Justizbehörden des Landes kündigten indes eine Untersuchung an. Die Regierung verschärfte am Freitag die Sicherheitsmaßnahmen. In der Hauptstadt Bagdad und den Provinzen im Süden des Landes waren seit den Morgenstunden zusätzliche Sicherheitskräfte im Einsatz, wie Augenzeugen berichteten.
Ihnen zufolge sind seit Mittwochabend bei schweren Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten mindestens 47 Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 500 wurden demnach verletzt.
In der südirakischen Stadt Nassiriya seien 32 Menschen getötet worden, als Sicherheitskräfte mit Schusswaffen und Tränengas gegen Demonstranten vorgegangen seien, berichteten Augenzeugen. In der Stadt Najaf starben demnach 15 Menschen. Dort hatten Demonstranten das iranische Konsulat angegriffen und in Brand gesetzt. Bei den allermeisten Todesopfern handelt es sich um Demonstranten.
Der höchste schiitische Geistliche des Landes, Großayatollah Ali al-Sistani, rief das Parlament in seiner Freitagspredigt auf, die Wahl der Regierung zu überdenken. Am Donnerstag hatte bereits der einflussreiche schiitische Geistliche Moqtada al-Sadr den Rücktritt der von ihm mitgewählten Regierung gefordert. Sein Block hatte bei der Wahl des Parlaments im Mai 2018 die meisten Sitze gewonnen.
Die oberste Justizbehörde des Landes, der Hohe Justizrat, ordnete die Bildung einer Kommission aus drei Richtern an. Sie sollten eine „dringende Untersuchung“ zum Tod der Demonstranten in Nassiriya einleiten, meldete die staatliche Nachrichtenagentur INA. Menschenrechtsorganisation werfen den irakischen Streitkräften einen unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt gegen die Protestierenden vor.