Neue EU-Spitze trat offiziell Ämter an

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel haben am Sonntag offiziell ihr Amt angetreten. Bei einer Veranstaltung zum zehnten Jahrestag des Inkrafttretens des Reformvertrags von Lissabon in Brüssel bezeichnete von der Leyen am Sonntag die EU-Spitzen als „Wächter“ der Verträge und als „Hüter des Geists von Lissabon“.

Von der Leyen und Michel traten am Sonntag einen Monat später als ursprünglich geplant ihr Amt an, weil das Europaparlament zeitweise einige Kandidaten für Kommissarsposten blockiert hatte. Bei der Feierstunde hob die EU-Kommissionspräsidentin Fortschritte in der europäischen Einigung hervor. Vor zehn Jahren hätten ihre Vorgänger noch darüber diskutiert, ob Europa eine Fahne oder eine Hymne brauche. „Aber in diesen zehn Jahren sind Millionen Menschen auf die Straße gegangen und haben die Europaflagge geschwenkt“, sagte von der Leyen. Es sei die Aufgabe der neuen Führung, die EU noch stärker zu machen.

Bei dem Termin waren auch EU-Parlamentspräsident David Sassoli und die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, anwesend. Sassoli rief die europäischen Institutionen auf, die Versprechen der vergangenen Monate zu erfüllen. „Es ist jetzt Zeit zu handeln. Das Parlament ist bereit, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, um Europa weiter aufzubauen“, sagte er nach Angaben seines Büros. „Vom Kampf gegen den Klimawandel bis zu Maßnahmen gegen steigende Lebenshaltungskosten - die Europäer wollen sehen, dass wir entschlossen handeln.“

Den weiteren Verlauf ihres Amtstags beging von der Leyen großteils am Telefon. „Ich möchte eine geopolitische Kommission und um dies zu unterstreichen, nehme ich gleich Kontakt auf“, sagte von der Leyen am Sonntagnachmittag in Brüssel vor Agenturjournalisten. Angefangen bei Indonesien und Australien habe sie G-7- und G-20-Staats- und Regierungschefs angerufen.

„Wir gehen da mit der Zeitzone“, gab sie Einblick in die Planung der Höflichkeitsanrufe, die noch fortgesetzt werden. Am Montag bricht von der Leyen nach Madrid auf, um an der UNO-Klimakonferenz (COP 25) teilzunehmen, bei der Österreich durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen vertreten sein wird. Die neue EU-Kommissionschefin hat sich zum Ziel gesetzt, die Vorreiterrolle der EU in Sachen Klimawandel auszubauen und zu erreichen, dass der Kontinent bis 2050 „klimaneutral“ wird - was bedeutet, dass nicht mehr CO2-Emissionen produziert werden, als kompensiert werden können.

„Wir müssen ehrgeizig sein - für unseren Planeten“, sagte von der Leyen. In den nächsten beiden auf den Klima-Gipfel folgenden Wochen wolle sie stark ihren „Green Deal“ kommunizieren, die Konferenz sei der Start dafür. Der Plan soll innerhalb der ersten 100 Tage ihrer Amtszeit ausgearbeitet werden.

Der Lissabon-Vertrag war am 1. Dezember 2009 in Kraft getreten. Er hat die EU weitreichend verändert. Durch ihn wurden unter anderem das Amt des EU-Ratspräsidenten eingeführt, die Möglichkeit von Mehrheitsbeschlüssen im Ministerrat ausgeweitet und dem Europaparlament mehr Mitspracherechte bei Gesetzgebungsverfahren gegeben. Gleichzeitig schaffte der Lissabon-Vertrag die Möglichkeit des EU-Austritts, den Großbritannien mit dem Brexit nun nutzt.