Iraks Parlament billigt Rücktritt von Regierungschef
Nach Monaten blutiger Proteste hat das irakische Parlament am Sonntag den Rücktritt von Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi angenommen, doch ob der Schritt die Gewalt beenden kann, ist fraglich. Kurz vor Beginn der Parlamentssitzung wurde in der irakischen Hauptstadt Bagdad ein Demonstrant erschossen, wie Ärzte berichteten. Das iranische Konsulat in Najaf wurde zudem erneut in Brand gesetzt.
Nur wenige Minuten nach Beginn seiner Sitzung billigte das Parlament den Rücktritt Abdel Mahdis und seiner Regierung. Als nächstes will es Präsident Barham Saleh bitten, einen Nachfolger für den 77-jährigen Regierungschef zu bestimmen; bis dahin führen Abdel Mahdi und sein Kabinett vorläufig die Regierungsgeschäfte weiter.
Nach der jüngsten Gewaltwelle der vergangenen Tage mit knapp 70 Toten fanden im ganzen Land Trauer- und Protestmärsche statt. An ihnen beteiligten sich neben den mehrheitlich schiitischen Provinzen im Süden auch Hunderte Studenten in der sunnitischen Stadt Mossul. Die Behörden der vorwiegend von Sunniten bewohnten Provinz Salaheddin hatten bereits vorher eine dreitägige Trauer ausgerufen.
Bisher haben sich die sunnitischen Provinzen nicht an den Protesten gegen die Zentralregierung beteiligt - aus Sorge, als Anhänger der sunnitischen Jihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) oder des von den USA gestürzten ehemaligen Diktators Saddam Hussein gebrandmarkt zu werden.
In der Stadt Najaf kam es indes erneut zu Unruhen. Regierungsfeindliche Demonstranten setzten dabei das Konsulat des Irans in der Stadt Najaf zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage in Brand, berichteten Zeugen. Die Demonstranten hatten an dem Gebäude bereits am Mittwoch Feuer gelegt. Bei dem Brand am Mittwoch hatten die Sicherheitskräfte neben Tränengas auch scharfe Munition gegen die Protestierenden eingesetzt.
Seit Oktober protestieren die Menschen im Irak gegen die schlechte Versorgungslage und die grassierende Korruption in ihrem Land. Sie fordern eine Regierung ohne Beteiligung der etablierten Parteien, deren Vertretern sie vorwerfen, unfähig und nur am eigenen Vorteil interessiert zu sein. Mehr und mehr richtet sich ihr Ärger auch gegen den wachsenden Einfluss Teherans auf die Politik des Nachbarlands.
Mehr als 420 Menschen wurden inzwischen getötet und mehr als 15.000 verletzt. Selbst die Regierung verurteilt zwischenzeitlich den „exzessiven Gewalteinsatz“.
Am Sonntag verurteilte ein Strafgericht im ostirakischen Kut erstmals einen Polizeimajor zum Tode. Es machte ihn für den Tod von sieben Demonstranten verantwortlich. Ein ebenfalls angeklagter Oberstleutnant muss für sieben Jahre in Haft.