Maltas Regierungschef bleibt vorerst im Amt

Trotz des massiv gestiegenen Drucks im Skandal um die Ermordung der Enthüllungsjournalistin Daphne Caruana Galizia bleibt Maltas Regierungschef Joseph Muscat vorerst im Amt. Bei einer Dringlichkeitssitzung stellten sich Abgeordnete und Minister der regierenden Arbeiterpartei (PL) geschlossen hinter Muscat.

Nach Spekulationen über einen vorzeitigen Rücktritt solle er nun doch bis zu den Vorstandswahlen am 18. Jänner im Amt bleiben, hieß es aus Parteikreisen. Muscat stellte seinen Rücktritt nach den Wahlen allerdings in Aussicht. Der einflussreiche Geschäftsmann Yorgen Fenech wurde wegen Beihilfe zu dem Mord angeklagt.

Bei der vierstündigen Dringlichkeitssitzung am Sonntag sei die Unterstützung für Muscat dennoch einhellig gewesen, sagte ein Teilnehmer der Nachrichtenagentur AFP. Das Gremium habe es Muscat überlassen, wann er sich zurückziehen wolle. Bis zur Neuwahl des Parteivorstands „bleibt er Parteichef und Ministerpräsident“.

Die Arbeiterpartei erklärte, die Abgeordneten hätten Muscat ihre „einstimmige Unterstützung“ für alle seine Entscheidungen ausgesprochen. Kommende Woche solle sich zudem das maltesische Parlament mit den jüngsten Entwicklungen in dem Mordfall befassen. Vertreter von der Arbeiterpartei hatten zuvor berichtet, Muscat stehe vor dem Rücktritt.

Am Samstagabend war der Geschäftsmann Fenech wegen Beihilfe zur Ermordung von Daphne Caruana Galizia angeklagt worden. Der 38-Jährige wurde anschließend wieder in Untersuchungshaft genommen, sein Vermögen wird eingefroren.

Der bekannte Unternehmer war am 20. November auf seiner Jacht vor der Küste Maltas festgenommen worden, als er versuchte, von der Mittelmeerinsel zu flüchten. Im Polizeiverhör beschuldigte er Ermittlungskreisen zufolge Muscats langjährigen Kabinettschef Keith Schembri, den Mord in Auftrag gegeben zu haben.

Nach seiner Festnahme bot der Unternehmer an, umfassend zu dem Mordfall auszusagen, forderte dafür aber Straffreiheit. Dies lehnte Muscats Regierung in der Nacht zum Freitag aber ab.

Am Montag dürfte das Gericht über einen Antrag Fenechs entscheiden, Chefermittler Keith Arnaud von dem Fall abzuziehen. Ihm werden ebenfalls enge Verbindungen zu Regierungschef Muscat und seinem langjährigen Büroleiter Schembri nachgesagt.

Schembri trat am Dienstag zurück und wurde kurz darauf festgenommen, kam aber zwei Tage später überraschend wieder frei. Caruana Galizias Familie reagierte empört auf die Entscheidung. Sie wirft dem Regierungschef schon lange vor, die Drahtzieher des Mordanschlags zu decken. Am Freitagabend versammelten sich in der Hauptstadt Valletta tausende Demonstranten und verlangten Muscats Rücktritt.

Am Montagabend soll eine Delegation des Europaparlaments unter Leitung der liberalen Abgeordneten Sophie in‘t Veld nach Malta reisen. Die Delegation wurde nach Angaben aus Parlamentskreisen wegen „Fragen zur Unabhängigkeit des Justizsystems und schweren Korruptionsvorwürfen auf höchster Ebene“ entsandt.

Die 53-jährige Journalistin war am 16. Oktober 2017 bei einem Bombenanschlag auf ihr Auto getötet worden. Sie hatte regelmäßig über Korruption, Geldwäsche und andere illegale Geschäfte in Malta berichtet. Verwickelt waren nach ihren Recherchen auch Mitglieder der Regierung.

Neben Schembri war am Dienstag auch Tourismusminister Konrad Mizzi zurückgetreten. Wirtschaftsminister Chris Cardona ließ sein Amt zwischenzeitlich ruhen.

Caruana Galizias Recherchen und Enthüllungen hatten sich zum Großteil um den „Panama Papers“-Skandal und um Korruption in Malta gedreht. Sie fand dabei Dokumente, denen zufolge Schembri und Mizzi, der damals noch Energieminister war, Briefkastenfirmen in Panama unterhielten, die rund zwei Millionen Euro von der Firma 17 Black erhielten. Ein internationales Rechercheteam wies später nach, dass die in Dubai ansässige Firma Fenech gehörte, dem Mitbesitzer des mächtigen Familien-Konzerns Tumas.

Die Ermittlungen zur Ermordung der Journalistin verliefen zunächst sehr zäh. Gegen drei Männer, die den Anschlag ausgeführt haben sollen, laufen Mordermittlungen, jedoch schwiegen sie weitgehend. Erst nach der Festnahme eines mutmaßlichen Mittelsmanns beschleunigten sich die Entwicklungen. Der Taxifahrer lieferte gegen Zusicherung von Straffreiheit Informationen zum Drahtzieher des Mordes - kurz darauf wurde Fenech auf der Flucht gefasst.