Bezirk Reutte

Klimavortrag in Reutte: „Kaufen Sie sich Südlagen im Inntal“

Der Innsbrucker Geograph und Klimaforscher Johann Stötter referierte im Rahmen der Reihe „uni goes reutte“ über den Klimawandel, der als die Herausforderung des 21. Jahrhunderts gesehen werden muss.
© Paschinger

Selbst beim Einhalten des 2-Grad-Zieles steigt die Vegetationsgrenze in Tirol um weitere 300 Meter, erklärt Univ.-Prof. Johann Stötter.

Von Alexander Paschinger

Reutte –Aktueller geht’s nicht: Pünktlich zum Beginn des Weltklimagipfels in Madrid gab es Montagabend in der Reuttener Wirtschaftskammer einen Vortrag über die Herausforderung des 21. Jahrhunderts schlechthin – den Klimawandel. Der Innsbrucker Universitätsprofessor für Geographie, Johann Stötter, referierte zu neuesten Forschungsergebnissen und Prognosen im Rahmen der Veranstaltungsreihe „uni goes reutte“ der Wirtschaftskammer, der Universität Innsbruck und der TT.

Viel Optimismus in Richtung Trendumkehr versprühte der „Scientist For Future“ nicht: Das, wovor die Wissenschaft seit 40 Jahren warne, sei erst durch das Auftreten von „Fridays For Future“ und Greta Thunberg im öffentlichen Diskurs angekommen. Ebenso wie die Emissionen von vor Jahrzehnten, die sich erst jetzt auswirken. „Die Chance, einen Rekordsommer wie 2018 im 20. Jahrhundert zu erleben, stand bei 1:2,5 Millionen“, erläuterte der Wissenschafter vor 50 Zuhörern den Trend seit den 1980er-Jahren.

Dabei ging er auch auf spezielle Tiroler Entwicklungen ein: Zwei Grad wurde es bereits wärmer – was einer Verschiebung der Vegetationsgrenze um 300 Meter nach oben entspricht. „Bei Einhaltung des 2-Grad-Zieles werden es dann 600 Höhenmeter sein. Machen wir so weiter wie jetzt, dann werden es in zwei bis drei Jahrzehnten 6 Grad und somit 1000 Höhenmeter sein – dann wird es auch für Gletscherskigebiete eng.“

Die Gletscher befinden sich ohnehin auf dem Rückzug: Mitte des Jahrhunderts „wird es nur noch Eisreste geben“, so der Experte. Auf die Frage Gletscherzusammenschluss Ötztal-Pitztal meinte er: „Das Skifahren tut dem Gletscher nichts“, aber die Bearbeitung des Vorfeldes sei problematisch. Angesichts steigender Schneegrenzen verstehe er Investitionen wie 70 Millionen Euro am Patscherkofel oder 25 Millionen am Glungezer weniger.

Allgemein werde es in Tirol wärmer. Die Niederschläge in Nordtirol werden etwa gleich bleiben, „aber es gibt höhere Intensitäten“. Er erwartet stärkere Trockenphasen und einen Rückgang des Schneeanteils am Niederschlag. Osttirol gehört zum „erweiterten mediterranen Raum“, den es besonders treffe. Die Reduktion des Niederschlages werde „im Minimum 30 Prozent“ ausmachen.

Das verändere auch die Vegetation, zumal die Erwärmung vor allem auf Landmassen zunehme. Fichten und Buchen weichen in höhere Lagen aus. In den Südlagen des Inntals werde dann jener Wein gedeihen, der derzeit in Ostösterreich wächst.

„Es braucht eine tiefgreifende Veränderung des Systems“, fordert er einen raschen Ausstieg von Emissionen und Anpassung an Veränderungen.

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