Sacharow-Preis an chinesisch-uigurischen Regierungsgegner

Das EU-Parlament verleiht am Mittwoch den Sacharow-Preis für geistige Freiheit an den chinesisch-uigurischen Regierungskritiker Ilham Tohti. Jewher Ilham, Tochter des Wirtschaftswissenschafters, wird die Auszeichnung stellvertretend für ihren seit 2014 inhaftierten Vater entgegennehmen. Sie hofft auf mehr Druck seitens der EU auf China angesichts der Lage der muslimischen Uiguren.

Der 50-Jährige und seine Familie gehören zur muslimischen Minderheit der Uiguren, die Menschenrechtsaktivisten zufolge in der Volksrepublik massiv unterdrückt wird. Der frühere Wirtschaftsprofessor an einer Pekinger Universität war 2014 in einem international viel kritisierten Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die chinesischen Behörden werfen ihm „Separatismus“ vor. Berichte über die Unterdrückung der Uiguren in China hatten zuletzt international für Aufruhr und für diplomatische Spannungen mit der Regierung in Peking gesorgt.

Die Europäische Union sollte Sanktionen gegen chinesische und westliche Unternehmen erwägen, die Güter in mutmaßlichen Arbeitslagern in Westchina produzieren lassen, sagte Jewher Ilham der Deutschen Presse-Agentur in Straßburg. Sanktionen gegen China selbst lehne sie jedoch ab, so Ilham.

Weder sie noch ein anderes Familienmitglied hätte derzeit Kontakt mit dem inhaftierten 50-Jährigen, so Ilham. „Das letzte Mal, dass ich von meinem Vater gehört habe, war 2017.“ Sie wisse nicht, ob er noch am Leben sei oder in welchem Gefängnis er sich befinde. Dass er von seiner Auszeichnung mit dem Sacharow-Preis wisse, bezweifle sie, so Ilham, die in den USA im Exil lebt. Sie forderte die chinesische Regierung auf, wieder Besuch von Familienmitgliedern bei ihrem Vater zu erlauben.

Nach offiziell unbestätigten Schätzungen sind im Westen Chinas Hunderttausende Uiguren in Umerziehungslager gesteckt worden, die China allerdings nur als „Fortbildungszentren“ beschreibt. Die muslimischen Uiguren sind ethnisch und sprachlich mit den Türken verwandt und fühlen sich von den herrschenden Han-Chinesen unterdrückt. Nach ihrer Machtübernahme 1949 in Peking hatten die Kommunisten das frühere Ostturkestan der Volksrepublik einverleibt.

Ilham Tohti ist einer der bekanntesten Vertreter der Uiguren. Er war Professor der Minderheiten-Universität (Minzu Daxue) in Peking und galt als gemäßigte Stimme, die auf Dialog bedacht war.