Trend zum Cannabis-Eigenanbau: Polizei erntet immer öfter
Der Trend zum Eigenanbau ist bei Cannabis-Freunden ungebrochen. Die Exekutive entdeckte heuer bereits 55 Hanfplantagen. Etliche davon mit Hilfe der Feuerwehr.
Von Thomas Hörmann
Innsbruck –Ein Mieter starb, sechs weitere erlitten Rauchgasvergiftungen: Der Brand in einem Wohnblock im Innsbrucker Stadtteil Reichenau fand am vergangenen Wochenende ein tragisches Ende. Ein weiterer Bewohner hatte zunächst Glück, weil er beim Brand nicht zuhause war. Dennoch sind die Folgen für ihn unangenehm – die Polizei stellte in seiner Wohnung eine Cannabisplantage sicher. Entdeckt haben die illegale Zuchtanlage Feuerwehrmänner. Und das auch nur, weil der abwesende Mieter das Licht nicht ausgeschaltet hatte. Die Einsatzkräfte bemerkten die Beleuchtung, befürchteten eine verletzte oder bewusstlose Person in der Wohnung und öffneten gewaltsam die Eingangstür. Einen Verletzten fanden sie nicht, dafür aber die kleine Plantage. Und die meldeten sie den Polizeibeamten. Jetzt ermittelt die Kripo.
Kein Einzelfall – immer wieder entdecken Mitarbeiter der Innsbrucker Berufsfeuerwehr bei ihren Einsätzen illegale Rauchwaren und Pflanzen, die sie auch der Polizei melden: „Wir müssen das. Als Beamte im öffentlichen Dienst sind wir verpflichtet, Straftaten zu melden“, erklärt ein Feuerwehrmann. So kommt es, dass etliche der heuer sichergestellten Hanfplantagen bei Feuerwehreinsätzen aufflogen.
„Aber häufig ist es einfach der intensive Geruch in der Blütezeit, der zur Entdeckung führt“, sagt Walter Pupp, Chef des Landeskriminalamtes. Insgesamt hat die Polizei heuer bereits 55 illegale Plantagen sichergestellt. Die kleinsten bestanden aus gerade einmal zwei bis drei Pflanzen, „die größte aus 347“, so Pupp weiter. Das Werk von Profis, die im Raum Kufstein ein ganzes Einfamilienhaus anmieteten und auf drei Etagen hochwertiges Marihuana produzierten und dann weiterverkauften. Im Zuge der Ermittlungen stießen die Drogenfahnder in Innsbruck auf ein weiteres Haus, das eigens für die Hanfproduktion angemietet worden war. Dort waren es 200 Pflanzen. Im Durchschnitt sind es „etwa 20 bis 50 Hanfstauden, die wir sicherstellen“, erklärt der LKA-Chef. Eine Größenordnung, die sich fast nicht mehr mit dem bloßen Eigenbedarf erklären lässt.
Oft ist es Kommissar Zufall, der zur Entdeckung führt. Wie etwa am vergangenen Montag, als Polizisten in einem Mehrparteienhaus im Stubaital Erhebungen durchführten und dabei einen intensiven Marihuanageruch wahrnahmen. Und der kam aus einer Wohnung, in der die Polizisten dann auch eine kleine Aufzuchtanlage mit sechs Blumentöpfen entdeckten.
Der Trend zum Eigenanbau ist etwa seit 2010 feststellbar. Zunächst vor allem im Freien – die Marihuanazüchter versteckten ihre Plantagen im Wald und in Maisfeldern. Doch mittlerweile ist outdoor out und indoor in: „Die heuer sichergestellten Plantagen waren mit zwei, drei Ausnahmen alle unter einem schützenden Dach“, sagt Pupp. Aus nachvollziehbaren Gründen: „Damit das Gras bei uns im Freien was wird, braucht’s einen warmen Sommer mit der richtigen Niederschlagsmenge“, weiß der LKA-Chef: „Und das ist eher selten der Fall.“
Beim Anbau in den eigenen vier Wänden ist hingegen kein grüner Daumen nötig: Stecklinge kaufen, in die Aufzuchtbox mit UV-Lampe und Zeitschaltuhr stellen, regelmäßig gießen, drei Monate warten und schon kann man das Erntedankfest mit einem Joint aus eigenem Anbau feiern.
Der Trend zur privaten Zuchtanlage im Kleiderschrank oder Keller hat mehrere Gründe. So ist es für die Konsumenten von Vorteil, nicht von einem Dealer abhängig zu sein. Jeder Kontakt birgt das Risiko, von der Polizei erwischt zu werden. Außerdem schwankt die Qualität der Hanferzeugnisse – die Kunden kaufen und rauchen die „Katze im Sack“. Beim Eigenanbau wissen sie hingegen, auf was sie sich einlassen. Und auch die Kosten spielen eine Rolle – ein Gramm Haschisch oder Marihuana kostet auf dem Tiroler Schwarzmarkt je nach Qualität zwischen acht und zwölf Euro. Kiffen aus eigener Produktion ist günstiger.