FPÖ präsentierte nach langem Warten ihren Historikerbericht

Die FPÖ hat am Montag ihren lang erwarteten „Historikerbericht“ präsentiert, mit dem die Partei ihre „dunklen Flecken“ beleuchten will. Kritiker bemängelten eine zu wenig weitgehende Aufarbeitung - und den Präsentationstermin einen Tag vor Weihnachten. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker beteuerte, der gewählte Termin sei weder „Schikane der Journalisten“ noch „taktisches Manöver“.

Für den 668 Seiten langen Bericht war eine Reihe von FPÖ-nahen Wissenschaftern, aber auch einigen parteifernen, angetreten, um einen Bogen vom FPÖ-Vorgänger VdU über das „Liedgut des Farbstudententums“ bis hin zu den sogenannten „Einzelfällen“ in der FPÖ zu spannen. FPÖ-Chef Norbert Hofer, der am Montag der Präsentation fernblieb, räumt in seinem Vorwort ein, die Partei habe sich mit ihrer Geschichte - „und zwar mit jenen Aspekten, die auch Belastung für uns sind“ - zu lange „nicht auseinandergesetzt“.

Mit dem Historiker-Bericht „stellen wir uns unserer historischen Verantwortung“, schreibt Hofer. Die FPÖ sei „gewillt, das Positive fortzuführen, uns weiter zu entwickeln, Fehler zu korrigieren und uns für das zu entschuldigen, was unentschuldbar erscheint“.

Hafenecker betonte bei der Vorstellung, das Projekt sei „sehr ernsthaft und sehr wissenschaftlich angelegt“ gewesen. Initiiert wurde die Historikerkommission bereits Anfang 2018 noch unter Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache. Unmittelbarer Anlass war die NS-Liederbuchaffäre um die Burschenschaft des niederösterreichischen FPÖ-Politikers Udo Landbauer. Eigentlich hätte die Kommission bereits 2018 einen Zwischenbericht abliefern sollen. Ein solcher wurde dann aber erst im August dieses Jahres vorgestellt. Er war nur 32 Seiten lang und wurde seitens der Wissenschaft stark kritisiert. Der Zeithistoriker Oliver Rathkolb ortete damals gar wissenschaftliche Mängel und den Versuch einer Reinwaschung - am Montag wollte er auf Anfrage der APA noch keinen Befund über den umfangreichen Bericht abgeben.

Das nun knapp 700 Seiten starke fertige Werk wurde am Tag vor Weihnachten von Hafenecker, dem Leiter der sogenannten Referenzgruppe, Andreas Mölzer und dem Historiker Thomas Grischany vorgestellt. Letzterer war auch Kabinettsmitarbeiter unter Ex-Vizekanzler Strache.

Mölzer wies dabei die anlässlich des Rohberichts aufgekommenen Vorwürfe vom August zurück: Es könne keineswegs von Unwissenschaftlichkeit gesprochen werden, schließlich hätten sechs habilitierte Professoren mitgearbeitete. Auch gehe der Vorwurf der Parteinähe ins Leere, denn außer dem Vorsitzenden Wilhelm Brauneder als früheren FPÖ-Politiker und den Historikern Grischany und Lothar Höbelt hätten Wissenschafter aus anderen, nicht den Freiheitlichen nahestehenden, politischen Lagern mitgearbeitet.

Hafenecker berichtete, man habe den Bericht eigentlich mittels einer Podiumsveranstaltung vorstellen wollen. Zunächst habe man diesbezüglich auch „vorsichtige Zusagen“ bekommen, „aber plötzlich ist niemand mehr bereit gewesen, mit uns zu diskutieren“. Es habe Absagen gehagelt, so Hafenecker - etwa auch von Rathkolb. Die Absagen seien „offenbar konzertiert“ erfolgt, meinte Hafenecker. Schließlich habe dann Bundesparteiobmann Hofer gemeint, dass der Punkt erreicht sei, an dem man nicht mehr damit konfrontiert werden wollte. Deshalb sei die Präsentation einen Tag vor dem Heiligen Abend erfolgt.

Grischany erklärte, dass der Bericht eine Reihe von Studien umfasse, die die Geschichte des freiheitlichen Lagers unter besonderer Berücksichtigung eines Naheverhältnisses zum Nationalsozialismus beleuchten. Ein solches gebe es freilich, dieses sei aber „kein großes Geheimnis und historisch erklärbar“. Daher sei der Beitrag des Historikers und Juristen Michael Wladika, der akribisch die NSDAP-Mitgliedschaften von Anbeginn untersucht hat, auch „Herzstück des Berichts“. Diesbezüglich soll eine weitere Auswertung Wladikas folgen. „Es ist ein Prozess, den wir hiermit angestoßen haben“, so Grischany.

Alles zusammengenommen, könne man aber „nicht ernsthaft behaupten, dass die FPÖ in ihrem innersten Wesenskern durch Nazi-Gedanken zusammengehalten wird und dieses Gedankengut bis heute die maßgebliche Quelle für ihre Politik ist.“ Er halte es für eine „unglaubliche Diffamierung“, die einzelnen Funktionäre oder die freiheitlichen Wähler pauschal als rechtsextrem zu qualifizieren.

Scharfe Kritik kam am Montag von SPÖ und SOS Mitmensch: Der Veröffentlichungs-Termin sei ein „durchschaubares Manöver“, meinte SP-Abgeordnete Sabine Schatz. Offenbar wolle die FPÖ eine öffentliche Debatte und Kritik verhindern. Sie kritisierte auch das Auslassen der FPÖ-Verbindungen zu Burschenschaftern und Identitären und die „seltsame Rechtfertigungs-Suada“ rechtsextremer Einzelfälle in einem Beitrag von Generalsekretär Hafenecker.

Beinahe gleichlautend äußerte sich SOS-Mitmensch: „Der Bericht soll offenbar über Weihnachten in der Versenkung verschwinden.“. Und Polit-Berater Thomas Hofer ortete einen „PR-Trick“. Es gehe wohl darum, „eine kritische Diskussion darüber möglichst geräuschlos vor Weihnachten zu versenken, das ist offensichtlich“, sagte er zur APA.