Kino

„Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“: Exil-Alltag ohne Kaninchen

Anna (Riva Krymalowski) muss auf der Flucht ihr rosa Kaninchen zurücklassen.
© Warner

Der Film zum Kinderbuch-Klassiker „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“.

Innsbruck –Kinderaugen sehen die Welt anders. Zumindest wenn es nach Caroline Link geht, stimmt das. Ihre Kinderbuch-Verfilmung „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ erzählt die Fluchtgeschichte der Nazi-Zeit ganz aus kindlicher Perspektive. Doch wo sich das im Buch leicht durchhalten lässt, können sich die filmischen Bilder nicht immer entscheiden, an wen sie sich richten.

Anna Kemper ist nicht mehr weit von ihrem 10. Geburtstag weg. Feiern wird sie ihn im Exil. Denn ihr Vater ist als Intellektueller auch lautstarker Nazi-Gegner. Die Familie mit Annas großem Bruder und seiner Frau muss aus Berlin fliehen, zuerst in die Schweiz, dann nach Paris. Das rosa Kaninchen bleibt zurück, denn Anna entscheidet sich mangels Platz für den neuen Stoffhund. Für die Kinder ist die Flucht eine Mischung aus unangenehmer sprachlicher Anpassung und bisweilen aufregendem Dauer-Urlaub. Für die Eltern wird es aber finanziell immer schwieriger.

Der Roman „When Hitler Stole Pink Rabbit“ ist klar autobiografisch, auch wenn die Namen verfremdet sind. Die im Frühjahr mit 95 Jahren verstorbene Judith Kerr flüchtete vor den Nazis, mit ihrer Mutter Julia Kerr, einer Komponistin, und ihrem Vater Alfred Kerr, dem berühmtesten Theaterkritiker der Weimarer Republik. Seine Bücher wurden nach der Machtergreifung Hitlers verbrannt. Im Ausland konnte er wenig publizieren.

Oscar-Regisseurin Caroline Link („Nirgendwo in Afrika”) erzählt die Alltags-Probleme der Flucht ausführlich und als harmlose Kindergeschichte. Nur manchmal gibt sie Hinweise auf die politische Dimension.

Das ist durchaus konsequent. Denn Anna beschäftigt sich nicht mit dem Grauen der Nazi-Verbrechen, sondern mit Schwitzerdütsch und Französisch. Link inszeniert mit viel Kostüm und Kulisse. Doch dem Alltagsgeschehen fehlt, ohne ausgestalteten Hintergrund, immer wieder die dramatische Spannung. Hauptdarstellerin Riva Krymalowski versprüht viel Energie. Oliver Masucci als Vater und Carla Juri als Mutter sind sympathische Figuren. Wirkliche Überraschungen erleben sie aber nicht.

„Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ bringt keine neue emotionale Erkenntnis über die 30er-Jahre. Als zeitlose Fluchtgeschichte einer Familie, wie sie auch in der Gegenwart direkt vor unserer Nase so oft passiert, funktioniert der Film aber allemal. Und wer mit den Kindern lieber zu Hause Geschichte(n) erlebt, hat ja immer noch das Buch zum Vorlesen. (maw)

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