Netanyahu erneut zum Likud-Parteichef gewählt

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu hat den parteiinternen Machtkampf für sich entschieden und geht damit als Spitzenkandidat des Likud in die erneute vorgezogene Neuwahl im März. Netanyahu setzte sich in der Wahl zum Parteivorsitz am Donnerstag klar gegen seinen Herausforderer Gideon Saar durch.

Der Ministerpräsident und Parteichef kam auf 72,5 Prozent, Ex-Minister Saar auf 27,5 Prozent, wie die Partei in der Nacht auf Freitag mitteilte. Der Regierungschef hatte sich schon vor Auszählung aller Stimmen zum Sieger ausgerufen. „Ein großer Sieg! Danke an die Likud-Mitglieder für ihr Vertrauen, Unterstützung und Liebe“, schrieb Netanyahu kurz nach Mitternacht auf Twitter. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich anhand der ersten Ergebnisse bereits sein deutlicher Sieg ab.

Saar erklärte, dass er trotz seiner klaren Niederlage nicht bereue, gegen Netanyahu ins Rennen gezogen zu sein. „Ich bin zufrieden mit meiner Entscheidung, angetreten zu sein“, twitterte er. Saar kündigte an, Netanyahu nun bei der Parlamentswahl am 2. März unterstützen zu wollen. Der Knesset-Abgeordnete steht in vielen politischen Fragen noch weiter rechts als Netanyahu. Er gilt schon seit Jahren als wichtigster parteiinterner Widersacher des Partei- und Regierungschefs.

Netanyahus Sieg war erwartet worden - jedoch nicht in dieser Deutlichkeit: Das öffentlich-rechtliche Radio sprach von einem „Erdrutschsieg“. Die linksgerichtete Zeitung „Haaretz“ bezeichnete das Rennen der beiden als Kampf zwischen einem „rationalen Eigeninteresse“ der Saar-Anhänger und der „Stammestreue“ des Netanyahu-Lagers. Netanyahu führt die Partei seit mehr als zehn Jahren, seit 2009 ist er Ministerpräsident. In den 90er Jahren hatte er den Premiers-Posten schon einmal inne.

Die Parlamentswahl am 2. März ist bereits die dritte innerhalb von zwölf Monaten. Netanyahu war es nach den beiden vergangenen Parlamentswahlen im April und September nicht gelungen, eine neue Regierungsmehrheit zu schmieden. Umfragen deuten darauf hin, dass auch die Wahl 2020 in einer Pattsituation enden könnte. Neben Netanyahu wird wohl auch sein Herausforderer Benny Gantz von der Mitte-Rechts-Liste Blau-Weiß wieder als Spitzenkandidat ins Rennen um den Ministerpräsidentenposten gehen.

Netanyahu steht seit Ende November wegen Korruption als erster amtierender Regierungschef in der Geschichte Israels unter Anklage. Ihm werden Betrug, Bestechlichkeit und Untreue vorgeworfen. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bezeichnet der 70-Jährige als politisch motiviert. Als Regierungschef müsste er nach den geltenden Gesetzen nur zurücktreten, wenn alle Rechtsmittel gegen eine mögliche Verurteilung ausgeschöpft sind.

Der Ministerpräsident muss bis zum 1. Jänner darüber entscheiden, ob er das Parlament um Immunität bitten will. Nach Ansicht der Politikprofessorin Gajil Talshir von der Hebräischen Universität in Jerusalem könnte das Ergebnis der parteiinternen Wahl Netanyahu in seinem Kampf gegen die Korruptionsermittlungen bestärken. „Er wird argumentieren, dass das Volk ihn gewählt hat und nicht die Justiz“, sagte Talshir.