Ukraine und Separatisten tauschen Gefangene aus
Die ukrainischen Regierungstruppen und pro-russische Separatisten in der Ostukraine haben am Sonntag mit einem vollständigen Gefangenenaustausch begonnen. Dieser finde an einem Kontrollposten nahe der Industriestadt Horliwka in der Region Donezk statt, teilte das ukrainische Präsidialamt mit.
Am Ende sollen alle noch verbliebenen Gefangenen, die in dem 2014 ausgebrochenen Konflikt gemacht wurden, nach Hause zurückkehren. Auf den Austausch hatten sich der russische Präsident Wladimir Putin und sein ukrainischer Amtskollege Wolodymyr Selenskyj vor rund drei Wochen beim Ukraine-Gipfel in Paris verständigt.
Es wurde erwartet, dass das ukrainische Militär 87 Separatisten übergibt, im Gegenzug sollen 55 Regierungssoldaten freilassen werden. Beide Seiten erklärten aber, dass die Zahlen nicht endgültig seien. Bewaffnete Einheiten beider Seiten beobachten den Austausch, der noch am Sonntag abgeschlossen sein soll.
Ukrainische Medien berichteten, die pro-russischen Rebellen würden hauptsächlich Angehörige der ukrainischen Armee sowie inhaftierte Aktivisten und Journalisten freilassen. Auf Live-Aufnahmen, die vom ukrainischen Präsidentenbüro übertragen wurden, waren zwei Busse zu sehen, die auf einem von ukrainischen Soldaten bewachten Feld in der Nähe des Dorfes Odradivka, im von Kiew kontrollierten Gebiet, etwa zehn Kilometer von der Frontlinie entfernt, ankamen. Journalisten war der Zugang zu dem Gebiet nicht gestattet.
Die ukrainischen Truppen liefern sich seit 2014 Kämpfe mit den Separatisten im Donbass. Trotz einer vereinbarten Waffenruhe kommt es auch weiterhin vereinzelt zu Gefechten. Insgesamt wurden in dem Konflikt mehr als 13.000 Menschen getötet.
Regierung und Separatisten haben bereits mehrfach Gefangene ausgetauscht. Erst Anfang September hatten Kiew und Moskau 70 Gefangene - 35 auf jeder Seite - ausgetauscht. Das war als Zeichen möglicher Fortschritte bei einer Lösung des Ukraine-Konflikts gewertet worden. Unter den Freigelassenen waren die 24 ukrainischen Matrosen gewesen, die mehrere Monate in russischer Haft gesessen waren. In Freiheit kam außerdem der ukrainische Regisseur Oleg Senzow.
Die Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland sind angespannt. Die Ukraine und der Westen werfen der Regierung in Moskau vor, die Separatisten in der Ost-Ukraine finanziell und mit Waffen zu unterstützen, was Russland zurückweist. Zudem hat Russland 2014 die ukrainische Halbinsel Krim annektiert, was international nicht anerkannt wird.
Im April hatte Selenskyj bei der Präsidentenwahl einen Erdrutschsieg erzielt und versprochen, den Konflikt zu beenden. Für seinen Plan, dem Donbass einen Sonderstatus einzuräumen, hat der Präsident in seiner Heimat Kritik erfahren. Doch seine jüngsten Schritte sorgten auch für vorsichtigen Optimismus.
Auch das Treffen im sogenannten Normandie-Format im Dezember in Paris, an dem neben Putin und Selenskyj der französische Präsident Emmanuel Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnahmen, sorgte für Zuversicht. Die vier Staaten bekräftigten dabei die Bedeutung des Abkommens von Minsk aus dem Jahr 2015, das auf einen Waffenstillstand und eine politische Lösung des Konflikt abzielt. In Paris war der Austausch nach der Formel „alle gegen alle“ bis Ende Dezember vereinbart worden.