Historisches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump
Unmittelbar vor Beginn des Amtsenthebungsverfahrens gegen Donald Trump am Donnerstag hat ein Geschäftspartner von dessen Anwalt Rudy Giuliani die Vorwürfe gegen den US-Präsidenten untermauert. „Präsident Trump wusste genau, was ablief“, so der ukrainisch-stämmige Lev Parnas zur Ukraine-Affäre. Das Verfahren beginnt mit der Anklageverlesung. Der Prozess im engeren Sinne fängt am Dienstag an.
„Er war sich über all meine Bewegungen bewusst. Ich hätte nichts ohne das Einverständnis von Rudy Giuliani oder des Präsidenten unternommen“, sagte Parnas. Er soll laut dem Fernsehsender MSNBC in der Ukraine-Affäre mit Giuliani zusammengearbeitet haben.
Die US-Demokraten hatten am Dienstagabend Dokumente veröffentlicht, die zeigen sollen, dass Giuliani zusammen mit Parnas Druck auf Kiew ausübte, damit die ukrainische Führung Ermittlungen gegen den demokratischen US-Präsidentschaftsanwärter Joe Biden und dessen Sohn Hunter einleitet.
Laut den Unterlagen, bei denen es sich vor allem um Telefonmitschnitte handelt, sollen Parnas und Giuliani zusammen mit ukrainischen Vertretern versucht haben, die US-Botschafterin in der Ukraine, Marie Yovanovitch, aus dem Amt zu drängen. Yovanovitch, die schließlich von Trump abberufen wurde, war nach eigenen Angaben nicht mit den Bestrebungen Trumps und Giulianis einverstanden, sich aus der Ukraine möglicherweise kompromittierendes Material über Biden zu besorgen.
Parnas und ein Kompagnon waren im Oktober in Washington festgenommen worden. Ihnen wird vorgeworfen, mit illegalen Wahlkampfspenden die Abberufung der damaligen US-Botschafterin in der Ukraine angestrengt zu haben. Parnas weist die Vorwürfe zurück und will mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten. Er hatte kürzlich auch dem Repräsentantenhaus zahlreiche Dokumente, Telefondaten und Kurznachrichten für deren Ermittlungen im Amtsenthebungsverfahren gegen Trump überlassen. Die Demokraten veröffentlichten Teile des Materials, das den Präsidenten ihrer Ansicht nach weiter belastete.
Parnas sagte in dem Interview vom Mittwochabend weiter, er habe in der Ukraine nur Zugang zu Entscheidern gehabt, weil alle gewusst hätten, dass er im Auftrag Trumps handelte. Die Aussage Trumps, dass er Parnas gar nicht kenne, wies dieser als „Lüge“ zurück. Er habe Trump mehrfach getroffen, auch in kleinem Kreis, sagte Parnas.
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Stephanie Grisham, wies Parnas‘ Aussagen zurück. „Der Präsident hat gesagt, dass er ihn nicht kannte“, sagte Grisham am Donnerstag dem Sender Fox News. Was Giuliani Parnas gesagt habe, habe nichts mit dem Präsidenten zu tun und sei „sicher“ keine Anweisung des Präsidenten gewesen. Sie stellte Parnas als fragwürdigen Charakter dar und sagte: „Es ist bedauernswert, dass er jetzt eine Medien-Tour macht.“
Die Demokraten werfen dem Präsidenten in der Ukraine-Affäre Amtsmissbrauch und eine Behinderung des Kongresses vor. Trump ist erst der dritte Präsident der US-Geschichte, der sich einem Impeachment-Prozess stellen muss. Eine Amtsenthebung des Präsidenten gilt aber als ausgeschlossen: Im Senat haben Trumps Republikaner eine Mehrheit von 53 der 100 Sitze. Für eine Amtsenthebung wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig.
In der Ukraine-Affäre hatte Trump von Kiew Ermittlungen gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden gefordert, der ihn bei der Präsidentschaftswahl im kommenden November herausfordern könnte. Der Präsident soll als Druckmittel unter anderem eine Militärhilfe an die Ukraine in der Höhe von 391 Millionen Dollar (350,92 Mio. Euro) zurückgehalten haben.
Das US-Repräsentantenhaus hatte am Mittwoch in einer feierlichen Zeremonie die Anklageschrift gegen Trump an den Senat übergeben. Die Kammer, in der die Demokraten die Mehrheit haben, hatte vor Weihnachten für das Amtsenthebungsverfahren gestimmt. Nach wochenlangem Streit über die Ausgestaltung des Prozesses votierten die Abgeordneten dann am Mittwoch dafür, die Anklageschrift an den Senat weiterzuleiten.
Außerdem wurden die sieben demokratischen Abgeordneten ernannt, die die Anklage vertreten werden. Angeführt werden sie vom Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses, Adam Schiff.
Die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, unterzeichnete später die Anklagepunkte. Sie verwendete dabei zahlreiche Kugelschreiber, die sie anschließend lächelnd an die Anklagevertreter verteilte. Ein solches Vorgehen hat bei feierlichen Unterschrift-Zeremonien Tradition - allerdings zeigten sich Kommentatoren erstaunt über Pelosis Verhalten bei einem derart ernsten Anlass.
Anschließend trug eine ranghohe Beamtin des Repräsentantenhauses, begleitet von den sieben Anklagevertretern, die Dokumente durch den Kongress zum Senat und übergab sie an das Oberhaus.
Der republikanische Senats-Mehrheitsführer Mitch McConnell legte den Ablauf für Donnerstag fest: Nach Verlesung der Anklage soll der Oberste US-Richter John Roberts, der im Prozess den Vorsitz führen wird, vereidigt werden. Anschließend werden die 100 Senatoren als Geschworene vereidigt. Der Beginn des eigentlichen Prozesses ist für Dienstag geplant.
Trump hat die Vorwürfe in der Ukraine-Affäre zurückgewiesen. Er spricht von einer politisch motivierten „Hexenjagd“, mit der die Demokraten seine Wiederwahl verhindern wollen. Ein US-Regierungsvertreter sagte am Mittwoch, die Anklage sei so „schwach“, dass der Prozess nicht länger als zwei Wochen dauern dürfte.