Kurz will Brücken zu Visegrad-Staaten bauen
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich am Donnerstag bei einem Treffen mit den Regierungschefs von Tschechien, Polen, Ungarn und der Slowakei als Brückenbauer zwischen Ost und West präsentiert. Er wolle die Gräben zwischen Ost und West innerhalb der Europäischen Union reduzieren, erklärte Kurz als Gast beim Visegrad-Gipfel in Prag.
Thema des Treffen waren die großen Streifragen in der EU wie die Zukunft Europas, die Klimapolitik, den nächsten Finanzrahmen 2021-2027 und die Migration. Die fünf Regierungschefs demonstrierten bei mehreren Themen - allen voran der Migrationspolitik - Einigkeit. „Österreich ist der natürliche Partner der Visegrad-Staaten“, lobte Ungarns Regierungschef Viktor Orban.
„Wir sprechen die gleich Sprache und teilen die gleichen Meinungen“, sagte auch der slowakische Premier Peter Pellegrini. Das Format Visegrad plus Österreich werde auch in der Welt sehr positiv wahrgenommen, befand Pellegrini. Kurz betonte, dass für Österreich, das im Herzen Europas liege, eine Zusammenarbeit mit Ost und West wichtig sei. „30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gibt es ein geeintes Europa, das ist auch gut so, zugleich gibt es aber neue Gräben“, so Kurz.
Keine Übereinstimmung gab es beim Thema Klimapolitik und Atomkraft. Zwar begrüßten die Regierungschefs der vier Visegrad-Länder und Österreichs den neu geschaffenen EU-Klimafonds, Uneinigkeit gab es aber über den Ausbau der Atomkraft. „Uns ist wichtig, dass mit dem Fonds nicht die Atomkraft finanziert wird“, betonte Kurz.
Er beneide Österreich für seinen Energiemix, dies hänge aber „auch mit den klimatischen und geografische Bedingungen“ zusammen, meinte dagegen der polnische Premier Mateusz Morawiecki. Polen habe andere Ausgangsbedingungen und werde daher auch mehr Zeit als die anderen Länder zur Klimaneutralität benötigen: „Wir müssen einen längeren Weg zurücklegen, deshalb kann es bei uns länger dauern“, so Morawiecki.
Auch beim Thema EU-Budget kam man sich nicht näher. Während Österreich als „Nettozahler“ höhere Beiträge ablehnt, stemmen sich die östlichen Staaten gegen Kürzungen bei den Transferleistungen, die sie von den reicheren Mitgliedsländern erhalten. Der tschechische Regierungschef Andrej Babis plädierte aber dafür, die Kosten für die EU-Strukturen zu kürzen.
Im Anschluss an den Visegrad-Gipfel wurde Kurz am Donnerstagnachmittag vom tschechischen Regierungschef in dessen Amtssitz noch zu einem bilateralen Gespräch empfangen. Dabei wurde einmal mehr betont, dass Tschechien und Österreich in vielen Themen übereinstimmten, aber nicht bei der Atomkraft. „Wir lehnen die Atomkraft ab und daran wird sich auch nichts ändern“, sagte Kurz. Wir haben eine andere Haltung“, betonte dagegen Babis. „Ohne Atomstrom wird es auch in Zukunft nicht gehen“, unterstrich er und verwies erneut darauf, dass auch Österreich Atomstrom aus Tschechien importiere.
Aktuell ist das Thema wieder durch die Debatte zur Klimaneutralität. Die tschechische Regierung setzt außerdem auf den Ausbau auf Atomenergie als „saubere“ Alternative. Prag plant, den Anteil der Atomkraft am Strom-Mix bis 2040 auf die Hälfte zu erhöhen.
Ansonsten lobte der tschechische Regierungschef aber das „freundschaftliche Verhältnis“ zwischen Österreich und Tschechien. Er zeigte sich überaus erfreut darüber, dass Kurz „seine erste Auslandsreise gerade in die Tschechische Republik unternommen“ habe. Tschechien war das erste Nachbarland, das Kurz seit dem Amtsantritt der neuen türkis-grünen Regierung besuchte. Am Sonntag hatte der Kanzler bereits die EU-Spitzen in Brüssel getroffen.