ÖHB-Männer bei Heim-EM gegen nächsten „Brocken“ Spanien

Für Österreichs Handball-Männer folgt dem verlorenen Duell mit Kroatien am Samstag (18.15 Uhr/live ORF 1) der nächste „Kracher“ bei der Heim-EM. In der Wr. Stadthalle stellt sich Europameister Spanien Nikola Bilyk und Co. in den Weg, die Hoffnungen auf eine Überraschung sind neuerlich klein. Im bereits fünften Spiel innerhalb von sieben Tagen geht es auch darum, die Belastung in Grenzen zu halten.

Einmal mehr gelten die Spanier als Titelkandidat, im Verlauf des bisherigen Turniers gab sich die Truppe von Trainer Jordi Ribera keine Blöße. Vier Siege in vier Spielen, nicht zuletzt beim 33:26-Vorrundenerfolg gegen überforderte Deutsche zeigten die Iberer ihre Klasse. „Gegen Spanien Punkte zu suchen, wird schwer“, meinte ÖHB-Teamchef Ales Pajovic unumwunden.

Die Spanier agierten bisher wie aus einem Guss, in vielen Teamstatistiken haben sie die Nase vorne. „Sie haben mit den Rückraumleuten Raul Entrerrios (38 Jahre, Anm.) und Joan Canelas (33) Erfahrung, mit Alex Dujshebaev viel Dynamik und Gefahr im Eins-gegen-Eins“, meinte Pajovic zu den Stärken des Gegners. „Dazu kommt ihr geduldiges Angriffsspiel und mit Gonzalo Perez de Vargas ein starker Tormann.“

In den jüngsten Duellen mit Spanien hinterließ Österreich zumindest immer einen guten Eindruck. Bei der EM 2014 unterlag man hauchdünn 27:28, in der EM-Quali unterlag Rot-Weiß-Rot ebenso knapp 29:30. Und eines der freundschaftlichen Duelle im Rahmen des Euro-Cups 2019 gewann die ÖHB-Truppe mit 29:28. Es war die erste Partie unter Pajovic, der selbst sechs Jahre bei Ciudad Real in der spanischen Liga spielte.

Das 23:27 gegen Kroatien führte Österreich am Donnerstag den Unterschied zur Vorrunde deutlich vor Augen. Während gegen Tschechien, die Ukraine und Nordmazedonien fast alles aufging, hatte man im Duell mit Luka Cindric und Co. sowohl im Angriff als auch in der Abwehr so seine Probleme - zumindest phasenweise und gerade in der ersten Hälfte. Eines ist klar: So viele vergebene Würfe darf man sich gegen Spanien nicht leisten.

„Wir sind nicht so weit weg“, war Tobias Wagner überzeugt, der Kreisläufer sieht gerade angesichts der im Vergleich zu den Kroaten noch offensiveren Deckungsvariante der Spanier Chancen. „Sofern sie sich nicht 6:0 hinten reinstellen - das können sie genauso.“ Die Hoffnung auf Gruppenplatz drei, für der wohl zumindest im Montagsspiel gegen Deutschland und eventuell dann auch zum Hauptrundenabschluss gegen Weißrussland Siege her müssen, hat Wagner noch nicht aufgegeben. „Wir wollen nach Stockholm fahren.“

Der Weg dorthin ist noch weit, die Kräfte schon leicht im Schwinden begriffen. Auch daran muss Pajovic im Spanien-Spiel denken. „Ein paar Jungs sind schon ein bisschen angeschlagen“, meinte er. Vor allem auf die in der Vorrunde so treffersicheren Rückraumakteure Bilyk (Gesamtspielzeit 3:10 Stunden) und Janko Bozovic (3:06), die sowohl offensiv als auch defensiv arbeiten müssen, gilt es, auf mögliche „Überhitzung“ zu achten.

„Ich muss ein bisschen auf die Jungs aufpassen“, lautet der nüchterne Zugang des Trainers. Schon im Spiel gegen Kroatien hätte er den „Dauerläufern“ gerne etwas mehr Pausen verschafft, der Spielstand ihn aber quasi gezwungen, die kleine Chance mit den Besten zu suchen. Bleibt Pajovic aus Sicht der heimischen Fans zu wünschen, dass er auch gegen Spanien in die Verlegenheit kommt.

Deutschlands Handballer stehen in Österreichs EM-Hauptrundengruppe I vor einer Weggabelung. Gelingt im Schlagerduell mit Kroatien am Samstag (20.30 Uhr/live ORF Sport+ und ZDF) ein Sieg, wäre das ein richtiger Schritt in Richtung Halbfinale. Eine Niederlage könnte die Medaillenträume hingegen jäh beenden. „Das Spiel kann der Schlüssel zu allem sein“, warnte DHB-Vizepräsident Bob Hanning.

Deutschlands Handball-Zampano, der auch bei der EM mit schrillem Zwirn glänzt - am Donnerstag etwa mit einem pinkfarbenen Samtjackett - warnte eindrücklich vor den Kroaten. „Die Kroaten sind besser als die Turniere zuvor. Das Problem ist, dass sie auch zugelegt haben. Von daher wird das sicherlich ein extrem schweres Unterfangen, das zu lösen. Für mich ist die entscheidende Frage: Wie kommen wir an (Domagoj) Duvnjak vorbei?“, meinte der 51-Jährige. Der Abwehrchef hatte auch Österreich beim 23:27 am Donnerstag größte Probleme bereitet.

Österreich freilich käme eine Niederlage von Uwe Gensheimer und Co. nicht ganz ungelegen. Die Chancen im Montagsspiel gegen die DHB-Auswahl wären dann aus rot-weiß-roter Sicht wohl eher besser als schlechter. Daran denkt in Deutschland freilich derzeit niemand. Der souveräne Erfolg über Weißrussland am Donnerstag gab den Hoffnungen auf Edelmetall neue Nahrung. Enttäuschungen wie in der Vorrunde sollen passe sein. Hanning: „Jetzt haben wir einmal auf die heiße Herdplatte gefasst und wissen, was wir nicht tun dürfen. Jetzt gilt es, mit heißer Emotionalität das zu tun, was uns stark macht.“