Khamenei leitet Freitagsgebet in Teheran

Rund eine Woche nach dem versehentlichen Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine im Iran hat das geistliche Oberhaupt des Landes, Ayatollah Ali Khamenei, erstmals seit Jahren wieder das Freitagsgebet in Teheran geleitet. Die „schmerzliche“ Flugzeug-Tragödie dürfe nicht die „Aufopferung“ des durch eine US-Drohne getöteten iranischen Generals Qassem Soleimani überschatten, sagte Khamenei.

Der „Flugzeugabsturz“ sei ein „schmerzlicher Unfall“ gewesen und habe die Iraner erschüttert, sagte Khamenei in der iranischen Hauptstadt vor den Gläubigen. „Einige“ Menschen versuchten jedoch, das Unglück so darzustellen, dass „das großartige Märtyrertum und die Aufopferung“ Soleimanis in Vergessenheit gerate. Medienangaben zufolge nahmen Zehntausende am Freitagsgebet teil und bekräftigten die Aussagen Khameneis mit Parolen wie „Tod den USA“ und „Keine Kompromisse, keine Kapitulation, nur Kampf gegen die USA“.

Den Demonstranten im Iran warf Khamenei vor, die Tötung von General Soleimani durch die USA herunterspielen zu wollen. Den USA warf er eine „terroristische Natur“ vor.

Zudem attestierte Khamenei Deutschland, Frankreich und Großbritannien „Feigheit“ in der Diskussion um die Rettung des internationalen Atomabkommens mit dem Iran. Die drei europäischen Vertragspartner des Abkommens hätten damit gedroht, das Thema der iranischen Atompolitik vor den UN-Sicherheitsrat zu bringen, sagte Khamenei in seinem Freitagsgebet in Teheran.

Die drei Staaten hatten am Dienstag angesichts fortgesetzter Verstöße des Iran gegen das Atomabkommen den sogenannten Streitschlichtungsmechanismus aktiviert, der im Falle eines Scheiterns mit der Wiedereinführung von UN-Sanktionen gegen Teheran enden könnte. Deutschlands Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte am Donnerstag bestätigt, dass bei dem Thema eine Drohung der USA mit Strafzöllen auf Autos gegen Deutschland, Frankreich und Großbritannien „im Raum“ gestanden habe.

Khamenei warf den europäischen Vertragspartnern nun vor, den Streitschlichtungsmechanismus mit dem Ziel aktiviert zu haben, den Tod Soleimanis zu „überschatten“. „Diese drei Länder sind die, die (dem irakischen Machthaber) Saddam Hussein während des Iran-Irak-Krieges geholfen haben, so viel sie konnten“, rief der Ayatollah. Es sei „bewiesen“, dass die drei Staaten „Lakaien der USA sind, und diese feigen Regierungen erwarten, dass der Iran sich unterwirft“, sagte er weiter.

Selbst wenn die genannten Staaten am Verhandlungstisch säßen, seien ihre Worte „von Betrug gezeichnet“, sagte Khamenei weiter. Diese „Gentlemen sind die gleichen wie die Terroristen am Flughafen von Bagdad“, die Soleimani getötet hätten. „Man kann ihnen nicht trauen.“

Die USA hatten das Atomabkommen mit dem Iran im Mai 2018 einseitig aufgekündigt und wieder Sanktionen gegen Teheran verhängt. Deutschland, Frankreich und Großbritannien versuchen, das Abkommen noch zu retten. Allerdings verstößt der Iran als Reaktion auf das US-Vorgehen inzwischen offen gegen das Abkommen, das Teheran am Bau einer Atombombe hindern soll.

Der Auftritt des geistlichen Oberhaupts dürfte ein Signal an die Bevölkerung des krisengeschüttelten Landes sein. In Teheran hatte es tagelang regierungskritische Proteste gegeben, nachdem die iranische Führung zugegeben hatte, für den Abschuss des Flugzeugs am 8. Jänner verantwortlich gewesen zu sein. Demonstranten warfen der Regierung unter anderem Vertuschungsversuche vor.

Die jüngsten Proteste haben nach Worten Khameneis keine Auswirkung auf den politischen Kurs des Landes. „Das iranische Volk liebt und will den Widerstand gegen die Weltmächte und keine Kapitulation, auch 41 Jahre nach der Revolution,“ sagte er. Millionen von Menschen seien zur Trauerfeier für den getöteten Quds-Kommandanten Soleimani auf die Straße gegangen, so Khamenei.

Das letzte Mal hatte Khamenei zum 33. Jubiläum der iranischen Revolution im Februar 2012 das Freitagsgebet in der Teheraner Mosalla-Moschee geleitet. Damals befand sich der internationale Atomkonflikt mit dem Iran auf einem Höhepunkt.

Nach der Tötung Soleimanis hatte sich der Konflikt zwischen Teheran und Washington gefährlich zugespitzt. Durch den Abschuss der ukrainischen Passagiermaschine kurz nach dem Start am Flughafen von Teheran kurze Zeit später geriet die politische und geistliche Führung Teherans auch innenpolitisch unter Druck. Bei dem Absturz der Maschine waren 176 Menschen getötet worden.