Studie

Versteckte Steuererhöhung: Entlastung schlägt kalte Progression

(Symbolbild)
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Die Entlastungsmaßnahmen bis 2021 machen laut einer Studie in Summe die versteckte Steuererhöhung mehr als wett.

Von Max Strozzi

Wien –Keine Regierung in Österreich war bisher bereit, die Einkommensteuer-Stufen automatisch an die jährliche Inflation anzupassen und damit die kalte Progression abzuschaffen. Das freut den Finanzminister, weil damit jedes Jahr zusätzliche Gelder in die Staatskassen fließen. Um die kalte Progression zu beenden, müssten die Tarifstufen automatisch mit der Inflation mitsteigen. Auch Türkis-Grün hat bislang keine Signale gesetzt, die kalte Progression abschaffen zu wollen.

Die Innsbrucker Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung (GAW) hat in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftspolitischen Zentrum (WPZ) nun die Belastungen durch die kalte Progression den geplanten bzw. bereits umgesetzten Entlastungsmaßnahmen von 2017 (Zeitpunkt der letzten Steuerreform) bis Ende 2021 gegenübergestellt. Ihr Fazit: Die kalte Progression kostet die Steuerzahler in diesen fünf Jahren insgesamt 7,7 Mrd. Euro, die Entlastungen dagegen machen in Summe 9,46 Mrd. Euro aus. Sprich: Laut diesen Zahlen sind die Entlastungen um insgesamt 1,76 Mrd. Euro höher als die Belastungen durch die kalte Progression. Berücksichtigt haben die Studienautoren etwa den Familienbonus, den SV-Bonus, die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge, Pensionsanpassungen sowie die für 2021 geplante Senkung der untersten Steuerstufe auf 20 %.

Je nach Haushaltstyp wirken sich die Maßnahmen allerdings unterschiedlich aus. „Personen mit Kindern profitieren insbesondere dann, wenn ihr Einkommen so hoch ist, dass der Familienbonus zur Gänze wirkt“, erklären die Studienautoren: „Bei kinderlosen Gutverdienern ist die kalte Progression dagegen höher als die Entlastung.“

Als Beispiele bringen GAW und WPZ diverse Haushaltstypen, allerdings nur Singlehaushalte. Beim kinderlosen Single mit 1500 Euro monatlichem Bruttoeinkommen schlägt die kalte Progression in den fünf Jahren (2017 bis 2021) mit 918 Euro zu, er wird aber gleichzeitig mit 1330 Euro entlastet. Ist dieselbe Person Alleinverdiener/-erzieher mit zwei Kindern, kommt sie per Saldo auf ein Plus von insgesamt rund 2180 Euro. Verdient der kinderlose Single 4000 Euro, zahlt er unterm Strich in Summe rund 1700 Euro drauf. Erzieht er mit diesem Einkommen zwei Kinder, steigt er dagegen mit einem Plus von 7600 Euro aus.

Wie sieht es in einer klassischen Familie – zwei Eltern, zwei Kinder – aus? „Das hängt davon ab, wie die Einkommen verteilt sind“, erklärt Florian Wakolbinger von der GAW. „Wenn ein Partner brutto 2000 Euro und der andere 500 Euro verdient, wirkt sich der Familienbonus für zwei Kinder nicht in voller Höhe aus“, so Wakolbinger. Verdienen hingegen beide 2000 Euro, sei unterm Strich die Entlastung ähnlich hoch wie beim Alleinverdiener mit 4000 Euro Einkommen.

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