Nehammer will nicht von „Asylzentren“ sprechen
Nach der Ankündigung eines neuen Asylzentrums an der Grenze zu Ungarn, Slowenien oder Italien ist Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Dienstag wieder zurückgerudert. „Wir brauchen keine neuen Asylzentren sondern Schnellverfahren an der Grenze“, sagte der Minister. Zuvor hatte sich die wahlkämpfende burgenländische SPÖ massiv auf ihn eingeschossen.
ÖVP und Grüne haben sich vorgenommen, zumindest „die ersten Schritte im Asylverfahren“ im grenznahen Raum abzuwickeln. Wo und wie genau, lässt das Regierungsprogramm zwar offen. Nehammer kündigte dazu aber am Montagabend in der „ZiB 2“ ein „Asylzentrum“ im grenznahen Raum an. Dort sollten Polizei sowie Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit „mobile Einheiten“ des Bundesverwaltungsgerichts die Asylverfahren bis in die zweite Instanz erledigen. Die Asylwerber wären per „Wohnsitzauflage“ zum Verbleib in der Region verpflichtet.
Für die wahlkämpfende burgenländische SPÖ lieferte Nehammer damit eine Steilvorlage, die Landeshauptmann Hans Peter Doskozil am Dienstag dankend annahm. Er sprach von einem „Anschlag aufs Burgenland“. Denn ein Asylaufnahmezentrum an der ungarischen Grenze würde Traiskirchen ins Burgenland verlegen, kritisierte Doskozil im APA-Interview und kündigte an, sich mit allen Mitteln gegen Nehammers Pläne zu wehren: „Er braucht gar nicht zu Gesprächen ins Burgenland kommen.“
Im Übrigen sieht Doskozil ohnehin die Rückführung abgelehnter Asylwerber in ihre Herkunftsländer als wichtigeres Problem und nimmt dabei Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in der Pflicht: „Wenn er die Balkan-Route schließen kann, wird er wohl auch Rückführungsabkommen schließen können.“ Auch die burgenländische FPÖ reagierte empört.
Nehammer selbst ruderte angesichts der Aufregung etwas zurück und wollte am Dienstag nicht mehr von Asylzentren sprechen, sondern nur noch von Schnellverfahren an der Grenze. Dabei soll abgeklärt werden, ob Migranten in Schubhaft genommen oder via Dublin-Verfahren in ein anderes EU-Land gebracht werden können oder ob sie im Asylverfahren landen. Wo und wie die Verfahren dann abgewickelt würde, blieb am Dienstag offen. Ein Konzept dazu soll folgen, hieß es im Ministerium.
Seitens der Grünen erinnerte Klubchefin Sigrid Maurer den Minister daran, dass im Regierungsprogramm nur davon die Rede sei, das Zulassungsverfahren zum Asylverfahren grenznah abzuwickeln und nicht die weiteren Schritte. Nehammer habe sich hier zunächst unpräzise ausgedrückt, glaubt Maurer.
Scharfe Kritik kam dagegen von der FPÖ: Klubchef und Ex-Innenminister Herbert Kickl sprach von einer „Drohung an sämtliche Grenzlandgemeinden“. Der Plan sogenannter grenznaher Asylverfahren sei ein „reiner PR-Gag“ und Nehammer sichtlich überfordert. „Ganz im Gegenteil drohen dadurch zusätzliche Asyl-Aufnahmestellen.“ Und das, obwohl schon jetzt ausreichend Kapazitäten vorhanden seien und lange Wege für Asylbeamte und Verwaltungsrichter drohen.
Zurückhaltender - aber auch nicht begeistert - reagierten die Landeshauptleute aus den anderen potenziell betroffenen Ländern: Steiermarks Hermann Schützenhöfer (ÖVP) verwies darauf, dass sein Land in Vordernberg ohnehin schon ein Anhaltezentrum beherbergt. Kärntens Peter Kaiser (SPÖ) würde zwar beschleunigte Asylverfahren begrüßen, warnte aber vor „Ankündigungs-Show-Politik“. Und Tirols Günther Platter (ÖVP) forderte die Einbindung der Länder.
Sollte das Innenministerium lediglich die Erstbefragung von Asylwerbern in Grenznähe durchführen wollen, dann wären dafür übrigens keine neuen Einrichtungen nötig. Es gibt bereits in fast allen Bundesländern entsprechende Verfahrenszentren. Für die Asylverfahren selbst werden die Betroffenen dann in die Erstaufnahmezentren wie Traiskirchen überstellt.