Innsbruck-Land

Auf an Ratscher und a Selfie mit Bischof Hermann

Das Bild täuscht: Bischof Hermann erteilte zwar Ratschläge, aber ohne erhobenen Zeigefinger. Elias Dießner (l.) und Jakob Strigl haben den Gesprächsabend im Don-Bosco-Schülerheim moderiert.
© Diözese Innsbruck/Gstaltmeyr

Offen und auf Augenhöhe sprach Bischof Glettler mit Jugendlichen übers Chillen, über geheime Ängste, das Zölibat und das Frauenbild der Kirche.

Von Denise Daum

Fulpmes –Der „Jugend von heute“ werden immer wieder negative Eigenschaften zugeschrieben. Ein ausgesprochen positives Bild haben indes die Schüler der HTL Fulpmes bei einem Gesprächsabend mit Bischof Hermann Glettler abgegeben, von Desinteresse bei den Jungen keine Spur. Unter dem Titel „Oanfach a netter Hoagascht“ hat die 4AH-Klasse die Veranstaltung im Don-Bosco-Schülerheim am Dienstagabend eigenständig organisiert und vorbereitet.

Der Bischof hat die jungen Menschen spürbar begeistert, die Schüler wiederum haben den Bischof mit ihren Fragen durchaus zum Schmunzeln, Nachdenken oder auch schon mal ins Schwitzen gebracht. Hermann Glettler sprach mit den Jugendlichen auf Augenhöhe, seine Antworten waren offenherzig, geradeheraus, unverblümt. Und zwischendurch mit etwas Schleichwerbung für Jesus garniert („Jesus ist schon ein spannender Mensch“).

Dem Anlass entsprechend teilte Bischof Glettler lustige, traurige, nachdenklich stimmende Anekdoten aus seiner Schulzeit und verriet nebenbei seinen alten Spitznamen „Glättsi“. Nach einem Ratschlag für junge Menschen gefragt, gab der Bischof gleich drei davon: 1. Nie aufgeben. „Erst im Nachhinein merkt man, wie man an schwierigen Situationen gewachsen ist.“ 2. „Habt ein Auge für Menschen, die euch brauchen.“ Und 3. „Schaut euch das mit Jesus bitte mal genauer an.“ Daran knüpft auch seine Erwartung an Jugendliche an: „Nicht nur chillen, sondern auch ernsthafte Fragen stellen und sich für andere einsetzen.“

Ob er jemals an sich gezweifelt habe, wollten die Schüler wissen. Unsicherheiten, so der Bischof, kenne er sehr wohl – „das ist keine Schand­e“ –, und er verriet auch eine seiner geheimen Ängste, von der niemand wusste: „Ich hatte bis in die 90er-Jahre richtig Schiss vorm Vorsingen“, gestand Glettler offen und in einer Sprache, die bei den Jungen ankommt.

Nachdem die Jugendlichen den Bischof richtiggehend „ausgefratschelt“ haben über Hobbys, Musikgeschmack und Bettgehzeit, ging es ans Eingemachte, sprich um brisante Fragen innerhalb der katholischen Gemeinschaft: „Haben Homosexuelle in der Kirche Platz?“, wollte ein Schüler wissen. „Selbstverständlich. Jesus hat alle Menschen willkommen geheißen und nicht nach Geld, sexueller Orientierung oder Sonstigem gefragt“, stellt Glettler klar.

Und das Zölibat? Das werde nach Ansicht des Bischofs für Weltpriester wohl früher oder später freigestellt. Bei Ordensleuten werde es aber weiterhin bestehen bleiben. Indes geht Glettler nicht davon aus, dass die Kirchenbänke plötzlich wieder voll sind, wenn denn nur einmal das Zölibat aufgehoben werde.

Frauen als Priesterinnen zuzulassen, „wäre ein großer Kulturwandel. So weit ist man noch nicht“, erklärt Glettler, der es aber sehr begrüßt, wenn Frauen verantwortungsvolle Positionen in der Institution Kirche bekleiden.

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Nach der gut zweistündigen Diskussion war der Abend für den Bischof noch nicht ganz vorbei: Es galt noch diverse Selfiewünsche zu erfüllen.

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