Gesundheit

Innsbrucker Neurologie-Chef will bei Schlaganfall dranbleiben

Vor 30 Jahren wusste man noch sehr wenig über das Gehirn.
© iStockphoto

Die Uniklinik für Neurologie in Innsbruck steht in vielen Bereichen für Spitzenmedizin. Mit dem Zirler Stefan Kiechl hat sie einen neuen Chef.

Von Theresa Mair

Innsbruck –Hoch hinaus kommt Stefan Kiechl öfters. Als passionierter Sportkletterer hat der Zirler unter anderem einige Routen zum Klettergarten „Dschungelbuch“ in der Martinswand beigetragen. Tatsächlich wurde er gestern aber im Raum „Patscherkofel“ an der Med-Uni Innsbruck den Medien vorgestellt. Rektor Wolfgang Fleischhacker sagte, er mög­e es, wenn die Dinge rund­laufen – und der Berg sei runder als die Zirler Wand. Daran, dass die Zusammenarbeit mit Kiechl rundlaufen würde, ließ der Rektor aber ohnehin keinen Zweifel.

Denn Kiechl ist auch beruflich weit oben: Im Oktober wurde er nach einem internationalen Bewerbungsverfahren zum neuen Direktor der Universitätsklinik für Neurologie berufen. Fleischhacker strich Kiechls hohe Reputation im Bereich der Forschung hervor: Der Mediziner steht wie sein Vorgänger Werner Poewe auf der Liste der weltweit meistzitierten Forscher 2018 und machte mit einer Reihe von Publikationen – etwa zum lebensverlängernden Effekt von spermidinreicher Ernährung – von sich reden. Es sei auch nicht alltäglich, dass ein Direktor „quasi als Morgengabe“ ein zweistellige­s Millionenprojekt mitbringe. Gemeint ist damit das mit 50 bis 60 Millionen Euro von der Forschungsförderungsgesellschaft finanzierte COMET-­Zentrum VASCage zur Erforschung der Gefäßalterung an der Klinik. Kiechl hat es im April an Land gezogen.

Stefan Kiechl (Direktor, Uniklinik für Neurologie, Innsbruck)
© MUI/Vandory

Die ärztliche Direktorin der Tirol Kliniken, Alexandra Kofler, betonte, dass Kiechl „sehr, sehr gut in die großen Fußstapfen passt“, die Poew­e hinterlassen hat. Kiechl ist nunmehr Herr über 115 Betten und 56 Ärzte.

Mit 50.000 ambulanten und 6000 stationären Patienten ist die Neurologie eine der größten Universitätskliniken in Innsbruck und eine Vorzeigeklinik. Kofler nannt­e beispielsweise den von Kiechl mitinitiierten Tiroler Schlaganfallpfad, der zu einem europa­weiten Vorbild geworden sei. „Ich bin zuversichtlich, dass die Klinik ihren Weltruf behalten und sich noch weiterentwickeln wird“, sagte Kofler.

Das hat Kiechl auch vor. Als vielseitiger Mensch mit vielen Hobbys und mehreren Berufsausbildungen sei er „davon überzeugt, dass auch Spitzenmedizin und Forschung nur in Kombination funktionieren“. Während sich das Fach vor 30 Jahren mangels Therapiemöglichkeiten noch häufig auf das Diagnostizieren beschränken mussten, blicke man inzwischen auf drei Jahrzehnte rasanter Entwicklung zurück, die sich künftig dank neuer Medikamente noch beschleunigen werde.

Kiechl möchte zudem noch stärker auf die interprofessionelle Zusammenarbeit der verschiedenen Disziplinen setzen. Dabei sollen die bestehenden Schwerpunkte an der Klinik ausgebaut werden. Als Beispiel nannte er das kürzlich gegründete erste österreichische Zentrum für Bewegungsstörungen, welches in ein europäisches Forschungsnetzwerk integriert ist.

Geplant ist auch ein Schulterschluss mit der Psychiatrie, um ein Demenz-Zentrum aufzubauen. „Ich glaube, dass die größten Fortschritt­e in der Demenz-Therapie kommen werden. Bisher ist zu wenig passiert. Jetzt gibt es neue Hoffnungsschimmer. Da wollen wir von Anfang an intensiv dabei sein“, ist Kiechl zuversichtlich. „Ich persönlich bin mir sicher, dass es in den nächsten zehn Jahren zu einem Durchbruch kommen wird.“ Erste Studien für Medikamente, welche die Bildung und Ablagerung schädlicher Eiweiße im Körper hemmen, stünden vor der Tür.

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Schon lange ein Herzensthema ist dem Mediziner der Tiroler Schlaganfallpfad. Künftig möchte er die Versorgung der Betroffenen noch mehr verbessern. „Wir haben eine hervorragende Betreuung, aber der Schlaganfallpfad endet nach der ambulanten Reha, nach drei bis sechs Monaten. Doch in der Phase danach gehen viele initial­e Behandlungserfolge verloren.“

Häufige Komplikationen, die Monate nach einem Schlaganfall auftreten können, sollen durch standardisierte Nachuntersuchungen früh erkannt werden. Dazu gehören z. B. epileptische Anfälle, kognitive Störungen bis zur Demenz, Depressionen, Blasenstörungen und Leistungsschwäche sowie Schmerzen.

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