Innsbruck-Land

Deutsche Fasnacht mit Tiroler Wurzeln zu Besuch

Der „Erbsenstrohbär“ und andere alte Figuren kommen nach Mils.
© Herbsteiner Fasnachtsvereinigung

Der Springerzug Herbstein aus Hessen nimmt am Matschgererumzug in Mils teil. Die uralte Fasnacht weist ihrerseits starke Tiroler Einflüsse auf.

Von Michael Domanig

Mils, Herbstein – Traditionalisten müssen sich keine Sorgen machen: Beim großen Matschgererumzug in Mils wird am 16. Februar ab 13.30 Uhr natürlich das einzigartige Tiroler Fasnachtsbrauchtum im Mittelpunkt stehen. Dafür sorgen die Milser und Absamer Matschgerer, die Rumer Muller und viele weitere Gruppen aus der Region.

Dazu gibt es heuer jedoch eine besondere Rarität: Deutsche Gäste bereichern den Umzug – genauer gesagt der Springerzug Herbstein aus dem gleichnamigen Städtchen in Mittelhessen.

Christian Pittl, in Mils als meisterlicher Larvenschnitzer bekannt, war zufällig im Fernsehen auf den Springerzug aufmerksam geworden, schon seit Jahren ist man in Kontakt. Nun folgen die Hessen der Einladung der Milser Matschgerer um Obmann Thomas Ried – und zwar mit großer Begeisterung.

„Wir freuen uns unwahrscheinlich“, sagt Manuel Hensler, 1. Vorsitzender der Fastnachtvereinigung Herbstein e. V., im TT-Gespräch. Es sei eine „große Ehre“, zu einer Tiroler Fasnacht eingeladen zu werden. „Bei unserer Generalversammlung ging ein Raunen durch den Saal.“

Dazu muss man wissen: Die Herbsteiner „Foaselt“ – wie die Fasnacht dort heißt – ist nicht nur uralt und hessenweit einzigartig, sondern weist auch starke Tiroler Einflüsse auf: In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, nach dem Dreißigjährigen Krieg, kamen Wanderarbeiter aus Tirol nach Herbstein – eine katholische Enklave in einem evangelisch dominierten Gebiet. Als Steinmetze, Maurer und Zimmerer halfen sie u. a. beim Wiederaufbau der Stadtmauer. Und sie dürften eben auch alpine Fasnachtsbräuche mitgebracht haben. So ähnelt der Herbsteiner Bajazz – besonders auf historischen Aufnahmen – Figuren wie dem Buijazzl in Axams oder dem Bajatzl in Fiss. Unter den sechs (männlich besetzten) „Pärchen“, die mit ihm durch die Straßen springen, ist ein „Tirolerpärchen“, dessen Kostüm sich in älteren Ausführungen stark an Tiroler Bauerntracht orientierte.

Manche Tiroler ließen sich dauerhaft in Herbstein nieder, der dort bis heute weitverbreitete Familienname Narz lässt sich z. B. lückenlos bis Kauns zurückverfolgen.

„Wir schauen bei der Foaselt eher auf Tirol als auf Mainz oder Köln und fühlen uns sehr verwandt“, betont Hensler.

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Bevor sich die Tiroler in Herbstein ansiedelten, war der „Erbsenstrohbär“ die Hauptfigur des dort schon bestehenden Umzuges. Auch diese alte Figur ist in Mils zu bewundern. Zwei bis drei Stunden dauert es, den Darsteller ins getrocknete Stroh aus eigens gesetzten Pflanzen zu wickeln – das wird am Aufführungstag vor Ort in Mils erfolgen.

Im Unterschied zu Tirol, wo man Figuren, Larven und Gewänder oft in der Familie weitergibt, werden 13 zentrale „Positionen“ des Springerzugs, eben der Bajazz und die Pärchen, alljährlich versteigert. Die Darsteller wechseln also. „Das Interesse der jungen Leute an diesen Figuren ist enorm“, erzählt Hensler. Die Führungsrolle des Bajazz ersteigerte der glückliche Sieger heuer um die Rekordsumme von 4760 Euro.

Die Hessen reisen im Doppeldeckerbus mit einer Abordnung von über 100 Personen nach Mils. Neben den Aktiven sind u. a. der Bürgermeister, der Landtagsabgeordnete und Zuschauer dabei. Beachtlich ist auch das mediale Interesse, sogar der Hessische Rundfunk hat sich angesagt.

Der Respekt vor den Tiroler Traditionen ist dabei zentral, die Gäste wollen sich absolut nicht in den Vordergrund rücken. „Wir sind kein Showact, wir fühlen uns in Tirol gut aufgehoben und werden uns gut einfügen“, sagt Hensler, der betont: „An anderen Umzügen würden wir nicht teilnehmen.“ Fazit: Die Vorfreude ist auf beiden Seiten groß.

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