Millionen-Städte in China wegen Coronavirus unter Quarantäne
Wegen Sicherheitsvorkehrungen zur Bekämpfung des neuartigen Coronavirus in China sitzen mehr als 20 Millionen Menschen in Wuhan und anderen Städten des Landes fest. Angesichts von fast 600 Infektionen landesweit stellten die Behörden am Donnerstag nach Wuhan auch die Millionen-Stadt Huanggang unter Quarantäne.
Ein Bewohner in Wuhan sagte, die erzwungene Isolierung fühle sich an wie der „Weltuntergang“. In Peking wurden Großveranstaltungen zum bevorstehenden Neujahrsfest abgesagt.
In der Elf-Millionen-Einwohner-Stadt Wuhan in der zentralen Provinz Hubei waren am Donnerstag nur wenige Menschen auf den Straßen. Wie von der Polizei angeordnet trugen sie zum Schutz vor Infektionen Atemmasken.
Die Behörden hatten die Einwohner am Mittwoch aufgerufen, die Stadt „nicht ohne besonderen Grund“ zu verlassen. Sämtliche Flüge und Zugfahrten aus Wuhan wurden am Donnerstag eingestellt, Mautstationen der Ausfahrtstraßen waren geschlossen. Die Maßnahmen nährten Befürchtungen, dass Panik unter Wuhans Bevölkerung ausbrechen könnte.
Auch Huanggang 70 Kilometer östlich von Wuhan wurde am Donnerstag unter Quarantäne gestellt. Öffentliche Verkehrsverbindungen würden ab Mitternacht (17.00 Uhr MEZ) ausgesetzt, teilte die Verwaltung ihren 7,5 Millionen Einwohnern mit. Außerdem würden alle Kinos, Internetcafes und der zentrale Markt geschlossen. In der 1,1-Millionen-Einwohner-Stadt Ezhou wurde der Hauptbahnhof vorerst geschlossen.
Die Behörden der Stadt Xiantao teilten am Donnerstag mit, 30 Mautstationen auf den Zufahrtsstraßen zu der 1,5-Millionen-Einwohner-Stadt seien geschlossen worden. Der Verkehr dort sei untersagt. In der Stadt Chibi, die etwa eine halbe Million Einwohner hat, wollten die Behörden den öffentlichen Verkehr ab Mitternacht aussetzen. Beide Städte liegen in der Provinz Hubei, zu der auch Wuhan gehört.
„Wir fühlen uns, als wäre dies der Weltuntergang“, beschrieb ein Bewohner im chinesischen Kurzbotschaftendienst Weibo die Stimmung in Wuhan. Er befürchtete Engpässe bei Lebensmitteln und Desinfektionsmitteln.
Zum Neujahrsfest dürfen keine großen öffentlichen Feiern in Wuhan stattfinden. Ein Mitarbeiter eines Einkaufszentrums der Stadt äußerte Verständnis für die Vorsichtsmaßnahmen: „Selbst wenn wir dieses Jahr nicht Neujahr feiern können, gibt es immer ein nächstes Jahr.“
Damit müssen sich auch viele Menschen in der Hauptstadt Peking trösten. Die Stadtverwaltung sagte am Donnerstag Großveranstaltungen zum chinesischen Neujahrsfest ab. Auch einige touristische Attraktionen, darunter ab Samstag die Verbotene Stadt, werden bis auf Weiteres geschlossen.
Der Beginn eines neuen chinesischen Mondjahres wird in China üblicherweise groß im Kreise der Familie gefeiert. Wegen des Jahreswechsels in der Nacht zum Samstag waren in den vergangenen Tagen hunderte Millionen Menschen in der Volksrepublik unterwegs. Die Reisen erhöhen das Risiko einer Ausbreitung des neuen Coronavirus, das auch von Mensch zu Mensch übertragen wird.
Bisher haben sich nach Behördenangaben bereits mehr als 570 Menschen in China infiziert, etwa 5.000 weitere wurden unter Beobachtung gestellt. Forscher des Londoner Imperial College gehen allerdings von etwa 4.000 Infizierten aus.
Nach Behördenangaben starben bisher 18 Infizierte mit Vorerkrankungen im Alter von 48 bis 89 Jahren. Außerhalb Chinas wurden einzelne Fälle aus Thailand, Japan, Südkorea, Taiwan und den USA gemeldet. Am Donnerstag kamen Fälle in Singapur, Vietnam und Saudi-Arabien hinzu. Auf Flughäfen in vielen Ländern wurden Sicherheitsvorkehrungen wie Temperaturscans bei Passagieren getroffen.
Die Infektion weckt Erinnerung an die Sars-Epidemie 2002/2003. An der ebenfalls durch ein Coronavirus ausgelösten Atemwegserkrankung starben damals 774 Menschen, die meisten in Festland-China und Hongkong. Den chinesischen Behörden wurde damals vorgeworfen, nicht schnell genug reagiert zu haben.
Das neue Coronavirus soll zunächst von Tieren auf einem Markt in Wuhan übertragen worden sein, der mittlerweile geschlossen ist. Zwei neuen Studien zufolge könnten Schlangen und Fledermäuse Überträger sein.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wollte am Donnerstag weiter über eine Verhängung eines internationalen Gesundheitsnotstands beraten.