Van der Bellen reist zu Gedenken an Befreiung von Auschwitz

Zum 75. Jahrestag der Befreiung des nationalsozialistischen deutschen Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee hat der polnische Staatspräsident Andrzej Duda zahlreiche Staats- und Regierungschefs eingeladen. Für das Gedenken am Montagnachmittag stehen Vertreter aus rund 50 Staaten, darunter Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Israels Staatschef Reuven Rivlin, auf der Gästeliste.

Rund 120 Auschwitz-Überlebende werden ebenfalls zu der Zeremonie erwartet, einige werden eine Rede halten. Wie schon beim Gedenken in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel am vergangenen Donnerstag kündigten sich auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der spanische König Felipe VI. und der niederländische König Willem-Alexander an.

Die vier Alliierten des Zweiten Weltkriegs schicken hingegen andere Repräsentanten nach Polen als nach Israel: Für die USA wird Finanzminister Steven Mnuchin statt Vizepräsident Mike Pence, für Frankreich Premierminister Édouard Philippe statt Präsident Emmanuel Macron und für Großbritannien die Ehefrau von Prinz Charles, Herzogin Camilla, statt dem Thronfolger selbst teilnehmen. Auch der russische Präsident Wladimir Putin bleibt dem Gedenkakt in Polen fern, er lässt sich von Botschafter Sergej Andrejew vertreten.

Die ohnehin schlechten Beziehungen zwischen Warschau und Moskau haben zuletzt einen weiteren Dämpfer erhalten. Putin hatte Regierungsvertretern von Vorkriegspolen Antisemitismus und eine anbiedernde Haltung gegenüber Nazi-Deutschland vorgeworfen. Auch zwischen Polen und Israel gab es zuletzt Streit darüber, ob Polen während des Zweiten Weltkrieges mit den NS-Besatzern kollaboriert haben. Polens Präsident Duda nahm aus Protest, weil er nicht wie Putin eine Rede halten durfte, an der Gedenkfeier in Yad Vashem nicht teil.

Van der Bellen wird von seiner Frau Doris Schmidauer, EU-Ministerin Karoline Edtstadler, IKG-Präsident Oskar Deutsch sowie dem Auschwitz-Überlebenden Viktor Klein nach Polen begleitet. Es ist der erste Besuch des Bundespräsidenten in Auschwitz. Beim internationalen Holocaust-Gedenken in Israel wenige Tage zuvor hatte er daran erinnert, dass Österreich „Mitverantwortung an der Shoah“ trage. „Dem Andenken der Opfer der Shoah werden wir nur gerecht, wenn wir dafür sorgen, dass Menschenverachtung, Sündenbockdenken und Gewalt niemals wieder als politisches Instrument eingesetzt werden“, hatte Van der Bellen gemahnt.

In Österreich gedenkt das Parlament am Montagabend in den Wiener Börsensälen der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz im Jahr 1945. Schon einen Tag vor dem Internationalen Holocaust-Gedenktag erinnerten ÖVP, SPÖ und Grüne an die gesellschaftliche Verantwortung erinnert und Wachsamkeit eingemahnt. Antisemitismus sowie Hass und Hetze dürfe kein Platz in der Gesellschaft eingeräumt werden. Auch die FPÖ verurteilte die Verbrechen des Nationalsozialismus.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) forderte ein konsequentes Eintreten gegen Hass und Hetze und für Toleranz. Zu viele sogenannte „Einzelfälle“ zeigten wiederholt, dass Antisemitismus, Hass und Hetze immer wieder hervorbrechen. Das müsse auf allen Ebenen bekämpft werden, so Kogler: „Erinnern allein, reicht nicht aus.“ Für Türkis-Grün habe der Kampf gegen Antisemitismus „allerhöchsten Stellenwert“.

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Für ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann müsse eine aktive Erinnerungspolitik integrativer Bestandteil schulischer Bildung sein. Neben Daten und Fakten sei nämlich „genauso wichtig“, dass die persönlichen Geschichten erzählt werden, so Faßmann: „Unser Institut für Holocaust Education leistet dabei eine wertvolle und nicht mehr wegzudenkende Arbeit.“ Auch erinnerte der Bildungsminister daran, dass sich die türkis-grüne Koalition zur Fortführung einer aktiven Erinnerungspolitik im Bildungsbereich bekenne.

„Es ist unser Auftrag, an diese unfassbaren mörderischen Verbrechen im dunkelsten Kapitel unserer Geschichte zu erinnern und die richtigen Lehren daraus zu ziehen“, erklärte SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner. Der Gedenktag mahne zur Wachsamkeit gegenüber allen autoritären, antidemokratischen, rassistischen und antisemitischen Tendenzen, so die SPÖ-Chefin: „Verrohung, Hass und Gewalt dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.“ Armut, Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit seien oftmals ein „Nährboden“ dafür, daher kämpfe die Sozialdemokratie dagegen an.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl warnte er vor einem Erstarken des Antisemitismus durch Islamisten und Linke. „Die furchtbaren und einzigartigen Verbrechen, die im Namen der menschenverachtenden Gesinnung des Nationalsozialismus im letzten Jahrhundert verübt worden sind, müssen uns stets mahnend im Gedächtnis bleiben. Sie sind ein ewiger Auftrag zur Wachsamkeit“, erklärte Kickl. Dass der Antisemitismus wieder stärker werde, führte der FPÖ-Politiker jedoch auf Islamisten und Linke zurück. Während „islamistische Fanatiker“ gegen „Juden hetzen und die Auslöschung Israels fordern“, würden Linke „unter dem Deckmäntelchen eines angeblichen ‚Antizionismus‘ ebenso gegen Israel und gegen Juden agitieren.“

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