Netanyahu sieht in Trumps Nahost-Plan historische Chance

Vor der Veröffentlichung des US-Plans für Nahost hat Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu von einer historischen Chance gesprochen. „Ich werde mich morgen mit meinem Freund Donald Trump treffen, der seinen Jahrhundertplan vorstellen wird. Ich glaube, dass es so eine Gelegenheit einmal in der Geschichte gibt, und wir dürfen sie nicht verpassen“, so der Premier vor seiner Abreise in die USA.

Die Frage eines Journalisten, ob er einem Palästinenserstaat zustimmen würde, ließ Netanyahu während einer Kabinettssitzung in Jerusalem unbeantwortet. Auch Netanyahus Herausforderer Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß reiste am Sonntag zu einem getrennten Treffen mit Trump. Gantz trifft sich am Montag mit Trump, der nach Medienberichten am Montag und Dienstag auch separat mit Netanyahu sprechen wird.

„Dies sind schicksalhafte Zeiten, sowohl für Israels Grenzen und seinen Charakter als auch für sein demokratisches Gefüge“, sagte Gantz am Samstagabend. „Deshalb habe ich beschlossen, die Einladung von Präsident Trump anzunehmen und ihn diesen Montag persönlich als Vorsitzender der größten Partei in Israel zu treffen.“

US-Vizepräsident Mike Pence hatte am Donnerstag überraschend mitgeteilt, dass Trump Netanyahu und Gantz zu Gesprächen ins Weiße Haus eingeladen habe. Bei dem Treffen solle es um „regionale Themen sowie die Aussicht auf Frieden hier im Heiligen Land“ gehen, sagte Pence. Trump sagte anschließend, die USA wollten den lange erwarteten Plan für den Nahen Osten in den nächsten Tagen vorstellen - voraussichtlich noch vor dem Treffen mit Netanyahu am Dienstag.

Die Palästinenser drohten indes mit einem Teil-Rückzug aus dem Oslo-Abkommen. Sollte Trump den Friedensplan vorstellen, werde sich die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) das Recht vorbehalten, „aus dem Interimsabkommen“ von 1995 auszusteigen, sagte PLO-Chefunterhändler Saeb Erekat am Sonntag der AFP.

Das auch als „Oslo II“ bekannte Interimsabkommen regelt die palästinensische Autonomie im Westjordanland. Durch den Nahost-Friedensplan der US-Regierung werde die „vorläufige Besetzung“ des Westjordanlands durch Israel in eine „dauerhafte Besetzung“ umgewandelt, sagte Erekat. Das palästinensische Außenministerium äußerte sich ähnlich. Trumps Friedensplan sei „die Verschwörung des Jahrhunderts“ mit dem Ziel, „die palästinensische Sache zu liquidieren“, teilte das Ministerium mit.

Israel hatte 1967 während des Sechstagekriegs unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute mehr als 600.000 israelische Siedler in mehr als 200 Siedlungen. Aus dem damals ebenfalls eroberten Gazastreifen ist Israel abgezogen. Die Palästinenser wollen im Westjordanland und dem Gazastreifen einen unabhängigen Staat mit der Hauptstadt Ost-Jerusalem ausrufen. Nach israelischen Medienberichten sieht Trumps Plan die Annektierung israelischer Siedlungen im Westjordanland sowie des Jordantals vor. Das restliche Gebiet solle Teil eines Palästinenserstaates werden. Jerusalem soll Medienberichten unter israelischer Kontrolle bleiben, mit einer symbolischen palästinensischen Präsenz. Der Plan verlange auch die Anerkennung Israels als jüdischer Staat und Jerusalem als Israels Hauptstadt durch die Palästinenser sowie die Entmilitarisierung des Gazastreifens, hieß es in den Berichten.

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Erst am Samstag flog die israelische Armee Luftangriffe auf Ziele der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen. Unter den Zielen sei eine Waffenfabrik gewesen, teilte das Militär in einer Erklärung mit. Die Luftangriffe waren demnach eine Reaktion auf den Abschuss von Ballons mit daran befestigten Brandsätzen auf israelisches Gebiet. Erst zu Beginn der Woche wurden nach Angaben der israelischen Armee drei Palästinenser aus Gaza erschossen, nachdem sie Soldaten in Israel mit Sprengsätzen angegriffen hatten.

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