Innenpolitik

Wirbel um Justiz: „Aussprache“ bei „rundem Tisch“

Bestens gelaunt: Zadic und Kurz vor einem Monat im Nationalrat. Ob das nach den heutigen Gesprächen so bleibt, wird sich zeigen.
© APA

Kurz, Zadic, Edtstadler und die Standesvertreter der Staatsanwälte sprechen am Montag über brisante Themen in der Justiz. Der Kanzler bekräftigt seine Forderungen. SPÖ-Justizsprecherin Yildirim kritisiert ihn scharf.

Von Serdar Sahin

Wien – Ob „runder Tisch“, wie es ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz nennt, oder „Aussprache“ (grüne Justizministerin Alma Zadic). Jedenfalls kommen die beiden heute im Kanzleramt zusammen – dabei sind auch Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und die Standesvertreter der Staatsanwälte. Es geht um brisante Themen.

Kürzlich wurde ein Hintergrundgespräch von Mitte Jänner publik, in dem Kanzler Kurz vor mehreren dutzend Journalisten die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) als ein Netzwerk roter Staatsanwälte bezeichnet hat, die einseitig in Richtung der ÖVP ermitteln würden. „Das habe ich so nicht formuliert“, verteidigte sich Kurz danach. Doch die Kritik riss nicht ab. Kurz lud daraufhin zu der Zusammenkunft. Gesprochen wird aber nicht nur über des Kanzlers Aussagen, sondern auch über die Arbeit der Staatsanwälte insgesamt.

Im Vorfeld des Treffens bekräftigt Kurz seine Forderungen: „Ich will, dass die Justiz mit mehr Budget ausgestattet wird, daher habe ich mit dem Finanzminister besprochen, mehr Mittel im Budget vorzusehen“, befindet er gegenüber der Tiroler Tageszeitung.

Selma Yildirim
(SPÖ-Justizsprecherin): „Kurz schwächt die Position von Justizministerin Zadic. Er gibt ihr eine Nebenrolle.“
© Vanessa Rachle

Davon erwarte sich der Kanzler aber etwas im Gegenzug – nämlich, dass dies „zu schnelleren Verfahren insbesondere im Bereich der WKStA führt, damit Verbrecher schnell bestraft werden und auf der anderen Seite Personen, die sich nie etwas zu Schulden kommen haben lassen, nicht jahrelang etwas vorgeworfen wird und diese in ihrem Privat- und Berufsleben auch nicht massiv benachteiligt sind“.

Zudem „erwarten wir uns, parteipolitischen Einfluss von der Justiz fernzuhalten“, sagt Kurz. „Daher wollen wir die im Regierungsprogramm verankerte Stärkung der Unabhängigkeit schnell umsetzen, damit Versuche, wie es sie anscheinend von der SPÖ gegeben hat, Genossen in die Justiz zu bringen und aus der Parteizentrale zu steuern, von keiner Partei stattfinden können.“ Gemeint ist damit ein länger bekanntes Papier aus dem Jahr 1997, das nun aus ÖVP-Kreisen einigen Medien zugespielt wurde. Darin werden damalige SPÖ-Funktionäre bei einem Treffen in einer Anwaltskanzlei mit der Idee zitiert, „junge Genossinnen und Genossen zu motivieren, in den Richterdienst zu gehen“.

Die Tiroler SPÖ-Nationalratsmandatarin und Justizsprecherin Selma Yildirim nennt die Vorwürfe des Kanzlers „perfide“. Einen parteipolitischen Einfluss in der Justiz „weise ich zurück“, sagt Yildirim im Gespräch mit der Tiroler Tageszeitung. „Diese roten Netzwerke gibt es nicht.“ Vielmehr habe die ÖVP das Justizministerium zwölf Jahre lang geführt – und dieses dabei „personell und finanziell ausgehungert“. Das Begehren der Staatsanwälte, sich auszusprechen, sei richtig. Dies gelte es aber getrennt zu betrachten. Dass Kurz und Edtstadler mit dem „runden Tisch“ in die Offensive gegangen seien, missfällt Yildirim. „Damit schwächt Kurz die Position der Justizministerin. Er gibt Zadic eine Nebenrolle. Sie sollte aber eine zentrale, federführende Rolle in der Causa haben“, sagt die SPÖ-Abgeordnete.

Bei der nächsten Nationalratssitzung will Yildirim Anträge dazu einbringen. Gefordert wird darin, dass ein unabhängiger Bundesstaatsanwalt installiert wird. Und zusätzlich 250 Millionen Euro pro Jahr für die Justiz, um 800 zusätzliche Planstellen zu finanzieren: je 100 Richter und Staatsanwälte, 400 Verwaltungsbedienstete und 200 Mitarbeiter bei der Justizwache.

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz konstatiert, dass eine „Entpolitisierung der Justiz vor allem die ÖVP betreffen würde“.

Zadic hat bereits gesagt, dass sie beim Treffen auf eine ausreichende Ausstattung der Justiz pochen werde.