Interview

Ex-Minister Einem: SPÖ-Chefin Rendi-Wagner wird zum „Sprechautomaten“

Die Vorwärtsstrategie von Pamela Rendi-Wagner stößt bei Genossen immer mehr auf Unverständnis.
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Der frühere rote Innen- und Verkehrsminister Caspar Einem geht mit seiner Partei und Parteivorsitzender Rendi-Wagner hart ins Gericht.

Von Michael Sprenger

Wien – Die eingeschlagene Vorwärtsstrategie der angezählten SPÖ-Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner löst in Teilen der Partei Unverständnis aus. Neben Sachthemen sollen die Parteimitglieder in einer Befragung auch über den Verbleib von Rendi-Wagner an der Parteispitze entscheiden. Das Ergebnis soll in der Karwoche von einer externen Firma ausgewertet und anschließend präsentiert werden.

Wie bewerten Sie denn die geplante Mitgliederbefragung der SPÖ?

Caspar Einem: Es würde tatsächlich Sinn machen, die Menschen zu fragen, was sie von den politischen Schwerpunkten und deren geplanter Umsetzung durch Türkis-Grün halten. Mit den Antworten könnte die Sozialdemokratie vielleicht etwas bessere Oppositionspolitik machen.

Das klingt aber nicht sehr euphorisch?

Einem: Stimmt, denn die tatsächlich gestellten Fragen sind primär Fragen, die bloß mit „No na“ beantwortet werden können, und sie zeigen eine Partei, die auf die Kosten der Erfüllung der Forderungen nicht zu achten braucht, weil in Opposition und ohne Chance auf Realisierung. Übrigens – geradezu amüsant ist das der Frage zum Klimaschutz zugrunde liegende Verständnis der SPÖ, dass Mittel, die der Staat aufwendet, die Bürger nichts kosten.

Caspar Einem
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Welche Gefahren sehen Sie bei der Fragestellung?

Einem: Selbst die Klassifizierung aller gestellten Fragen als „sehr wichtig“ kann im Übrigen bestenfalls zur Enttäuschung der SPÖ-Mitglieder führen. Die genannten Projekte werden so nicht realisiert werden, nicht zuletzt weil die SPÖ weit weg davon ist, zu regieren und Forderungen umsetzen zu können.

Wie sehen Sie konkret die Befragung zur Person von Pamela Rendi-Wagner?

Einem: Meines Erachtens ist die Frage, ob Pamela Rendi-Wagner Parteivorsitzende bleiben soll, unverantwortlich. Und zwar deshalb, weil man bei so einer Frage auch mit der Möglichkeit rechnen muss, dass die Antwort mehrheitlich „Nein“ lautet. Für diesen Fall aber hätten die Frau Vorsitzende und der Parteivorstand dafür sorgen müssen, dass es Ersatz gibt. Ohne derartige Vorkehrung ist die Fragestellung schlicht unverantwortlich, weil dann die SPÖ in einem Jahr mit der für die Partei so wichtigen Wien-Wahl ohne Führung dastünde.

Die bisherige Performance von Rendi-Wagner rechtfertigt kein „Ja“ zur gestellten Frage.
Caspar Einem (früherer SPÖ-Minister)

Wissen Sie, wie Sie abstimmen?

Einem: Die bisherige Performance von Pamela Rendi-Wagner rechtfertigt kein „Ja“ zur gestellten Frage – zu sehr hat sie sich zum Sprechautomaten einer Funktionärs­clique machen lassen und darauf verzichtet, sich selbst authentisch zu präsentieren und nur Positionen zu vertreten, von denen sie selbst überzeugt ist. Das aus den Fragen hervorleuchtende – doch recht simple – Politikverständnis lässt hier leider keine Besserung erwarten.