Belvedere zeigt Renate Bertlmann mit Messer-Garten
Ein Feld roter Messer-Rosen überrascht ab Mittwoch die Besucher des Oberen Belvedere: Im Carlone-Saal ist eine Variation von Renate Bertlmanns Installation für die 58. Kunstbiennale in Venedig zu sehen. Die nunmehr 286 roten Rosen aus Murano-Glas, aus deren Blüten scharfe Klingen ragen, stellt die 76-jährige Künstlerin unter das Motto „Discordo ergo sum“ („Ich widerspreche, also bin ich“).
Vom neuen Kontext ist sie begeistert, wie sie im APA-Gespräch bei einer Besichtigung im Oberen Belvedere sagte: „Hier öffnet sich eine ganz andere Stimmung. In Venedig standen die Rosen im Garten, in der Natur unter dem blauen venezianischen Himmel. Der weiße Boden dort hatte eine jungfräuliche Ausstrahlung, das war alles sehr geschlossen, sehr uniform“, so die Künstlerin. „Die Rosen haben sich hier in diesem üppigen Kunstraum hingegen individualisiert. Hier sieht man plötzlich, dass jede Rose handgemacht ist und auch eine andere Ausstrahlung hat. Auch kommt man jetzt näher heran, die Messer wirken brutaler.“
Statt auf weißem Boden wurden die Blumen nun auf einem schwarzen Raster montiert. „Der wird aber durch diese üppigen und erotischen Rosen aufgelöst“, so Bertlmann, die gemeinsam mit ihrem Londoner Galeristen an weiteren Ausstellungen in unterschiedlichen Kontexten arbeitet, „um die Wandelbarkeit der Installation wirklich herauszufordern“.
Für Biennale-Kuratorin Felicitas Thun-Hohenstein war es von Beginn an wichtig, die Arbeit auch außerhalb Venedigs zu zeigen. „Die Biennale stößt auf unglaublich großes Interesse in Österreich, sie wird viel und auch kontrovers diskutiert. Mir war es sehr wichtig, dieses Thema einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, weil ja doch sehr viele Menschen aus verschiedenen Gründen nicht nach Venedig kommen können.“ Das Wunderbare an Kunstwerken sei, „dass sie immer dem Kontext entsprechend eine neue Erzählung vorantreiben und uns und die Umgebung neu herausfordern“. Einen besseren Ort als den Carlone-Saal gebe es nicht. „Das Fresko erzählt von den Metamorphosen von Ovid, von Tag und Nacht, Licht und Schatten, von Aufstieg und Untergang. Es thematisiert in uns wohnende Ambivalenzen und Grundspannungen, genauso wie sie der Messerrosengarten in sich trägt.“
Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig sei schon vor Beginn der Biennale im Vorjahr gefragt worden, ob sie an einer Kooperation interessiert sei. Sie habe der Kuratorin und der Künstlerin quasi eine „Carte Blanche“ gegeben, da man sich lange Zeit bedeckt gehalten hatte, was in Venedig gezeigt wird. „Die Ausstellung in Venedig war eine der besten und radikalsten, die je dort gezeigt worden sind“, so Rollig. „Das Rosenfeld ist ideal für den Carlone-Raum.“ Neben der Klammer zu Venedig will Rollig mit der Installation auch einen Vorgeschmack auf eine große Bertlmann-Schau geben, die in zwei Jahren im Haus geplant ist.