TT-Analyse: Der lange Schatten des Amtsgeheimnisses
Die türkis-grüne Koalition verspricht nicht weniger als einen „Paradigmenwechsel“: An d ...
Ein Tiroler Milchkalb fand einen qualvollen Tod im Libanon. Gesundheitsminister Rudolf Anschober will strengere Regeln, der Tiroler LK-Präsident Josef Hechenberger fordert, den Transport in Drittstaaten zu verbieten.
Innsbruck –Knapp 27 Millionen Tiere wurden alleine im Jahr 2017 zur Mast oder zur Schlachtung aus dem Ursprungsland Österreich lebend exportiert. Wenn die Tiere Österreich erst einmal verlassen haben, ist nicht immer auszuschließen, dass sie letztlich unter widrigen Umständen in Drittländer weitertransportiert werden, hat der Verein gegen Tierfabriken (VgT) nun auf drastische Weise dokumentiert: Der VgT verfolgte den Weg dreier Kälber aus Tirol, Oberösterreich bzw. Vorarlberg im Alter zwischen zwei und vier Wochen auf ihrem 21-stündigen Transport nach Spanien, wo die Mästung begann.
Ohne geeignete Tränksysteme, wie dabei gezeigt wurde. Von dort ging es in den Libanon, wo sie geschlachtet wurden. Unter unvorstellbaren Bedingungen, bis hin zur Tötung bei vollem Bewusstsein. Damit die Tiere nicht davonlaufen, wurden ihnen Beinsehnen durchtrennt und in die Augen gestochen, erklärten Tierschützer von Animals International.
„Kein Bauer will, dass Tiere, die im eigenen Betrieb auf die Welt kommen, so enden“, kommentiert der Tiroler Landwirtschaftskammerpräsident und ÖVP-Nationalrat Josef Hechenberger die Bilder. Hechenberger fordert ein Verbot des Transports von Lebendschlachtrindern in Drittstaaten und im Gegenzug ein Importverbot von Ländern außerhalb der EU. Zudem fordert er erneut eine Herkunftskennzeichnung von Fleisch auch bei verarbeiteten Produkten.
📽 Video | Hautnah: Tiertransporte von Österreich in den Libanon
Dass Tirol jährlich rund 19.000 männliche Kälber in den Süden exportiert, liegt laut Hechenberger an der großen Menge importierten Kalbfleischs von rund 70 Prozen des gesamten Konsums. „Das importierte Fleisch kommt sehr billig auf den österreichischen Markt und viele kaufen über den Preis ein“, sagt Hechenberger. Die heimischen Bauern seien deshalb nicht in der Lage, die in Tirol unter höheren Standards gemästeten Kälber zu verkaufen.
Die Tierschützer verorten das Problem hingegen bei der „überbordenden Milchwirtschaft mit hochgezüchteten Milchkuhrassen“. Die männlichen Kälber sind laut dem VgT davon „ein Abfallprodukt“. Der Verein beklagt ein Wegschauen von Behörden und Politik. Denn derartige Ferntransporte sind laut einem Höchstgerichtsurteil „illegal“.
Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger hingegen sehe "kein Problem im System" und habe Vorhaltungen an die Milchproduzenten gegenüber dem ORF zurückgewiesen.
Im Bundesland Salzburg wird aktuell ein Versuch unternommen, die Tiertransporte einzudämmen. Die Salzburger LK garantiert Bauern im Zuge eines Pilotprojekts einen kostendeckenden Preis für ihr Fleisch, wenn sie die Kälber in der Region aufziehen. „Die Intention war, dass wir gesehen haben, dass es Probleme bei Tiertransporten gibt. Wir wollen es schaffen, mit unserem Fleisch am heimischen Markt unterzukommen“, sagt der Salzburger LK-Präsident Rupert Quehenberger.
„Zutiefst erschüttert“ von den Bildern zeigte sich Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) auf TT-Anfrage. Er werde noch vor Ostern einen runden Tisch mit Tierschutzorganisationen, AmtstierärztInnen und ExpertInnen aus Gesundheits- und Landwirtschaftsministerium ansetzen, um Verbesserungen auf nationaler Ebene zu definieren und notwendige Änderungen auf EU-Ebene außer Streit zu stellen. Tiertransportstandards und das Kontrollsystem müssten weiterentwickelt werden.
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) wünscht sich ein EU-weites Exportverbot von Schlachtvieh in Drittstaaten. Angesichts der Diskussion um Tiertransporte sagte die Ressortchefin: „Unsere Bauern haben nichts falsch gemacht." Sie hätten sich vielmehr „an unsere strengen Regeln gehalten, Österreich hat deutlich strengere Vorschriften für Schlachttiertransporte als viele EU-Staaten".
„Wir brauchen diese strengen Regeln für alle EU-Staaten, angelehnt an den strengen Bestimmungen, die es in Österreich gibt. Eine Vereinheitlichung ist notwendig", forderte Köstinger. Im konkreten, von Tierschützern aufgedeckten Fall wurden Tiere von Österreich nach Spanien verkauft, dort gemästet und anschließend in einem qualvollen wochenlangen Transport in den Libanon verbracht. (ecke, TT.cm)