Rechnungshof sieht Verbesserungsbedarf bei Strafvollzug

Ungeachtet einer 2015 umgesetzten justizinternen Organisationsreform - die Vollzugsdirektion wurde damals aufgelöst, mit der Generaldirektion für den Strafvollzug eine eigene, direkt im Justizministerium angesiedelte Sektion geschaffen - sieht der Rechnungshof im Strafvollzug Verbesserungsbedarf. Vor allem die Haftzahlen geben Anlass zur Sorge. Das Justizministerium will dem entgegensteuern.

Wie in einem am Freitag veröffentlichten Rechnungshofbericht aufgezeigt wurde, sind die Haftzahlen seit 2015 kontinuierlich angestiegen. Die Justizanstalten insgesamt und vor allem die gerichtlichen Gefangenenhäuser sind inzwischen an ihren Belastungsgrenzen angelangt. So betrug die Auslastung der Justizanstalt Wien-Josefstadt im Jahr 2018 117 Prozent. Diese Entwicklung führt dazu, dass für etliche Häftlinge keine Beschäftigungsmöglichkeit in den Gefängnissen gegeben ist. Den Betroffenen fehlt damit eine Tagesstruktur, was sich negativ auf das Klima in den Justizanstalten auswirkt. Statistisch gesehen lag das Ausmaß der Beschäftigung der Strafhäftlinge im Jahr 2018 bei durchschnittlich 2,59 Stunden pro Tag. Beinahe die Hälfte der arbeitswilligen Häftlinge konnte überhaupt nicht beschäftigt werden.

Um dem gegenzusteuern, arbeitet die Generaldirektion an einem Strafvollzugsentwicklungsplan. Mehr als ein Entwurf, der nicht verbindlich anzuwenden ist, sei bisher aber nicht herausgekommen, bemängelt der Rechnungshof. Als notwendig erkannte Maßnahmen habe man bisher nur punktuell umgesetzt.

Zur Senkung der Haftzahlen empfiehlt der Rechnungshof einen verstärkten Einsatz des elektronisch überwachten Hausarrests sowie die Überstellung von ausländischen Häftlingen in ihre Herkunftsländer, wo sie ihre Strafen verbüßen sollen. Entsprechende legistische Pläne waren von der früheren türkis-blauen Regierung angedacht worden. Unter Justizministerin Alma Zadic (Grüne) werden diese weiterverfolgt. „Das Projekt ‚Haft in der Heimat‘ wird weiterhin forciert und ist im Regierungsprogramm verankert“, hieß es am Freitag auf APA-Anfrage aus dem Ministerium. Auf europäischer Ebene müsse diesbezüglich mit den EU-Beitrittskandidaten gesprochen werden, es bedürfe weiterer bi- und multilateraler Überstellungsabkommen. Auch die Ausweitung der Fußfessel-Regelung soll kommen. Eine entsprechende Regelung wird in einem Reformentwurf des Strafvollzugsgesetzes enthalten sein, der derzeit überarbeitet wird. Eine Beschlussfassung wird laut Justizministerium vermutlich noch neuer möglich sein.

Grundsätzlich urgiert der Rechnungshof, dass es im Straf- und Maßnahmenvollzug an der Erstellung und Umsetzung von Konzepten zur Weiterentwicklung fehlt. Eine systematische Qualitätssicherung, effektive Aufsicht und Kontrolle habe die Generaldirektion noch nicht bzw. nur zum Teil erreicht. Weder das Justizministerium noch die Generaldirektion würden über eine schriftliche, die Vorgaben des Strafvollzugsgesetzes konkretisierende Strategie verfügen.

Besonders eklatant sei angesichts eines starken Anstiegs von geistig abnormen zurechnungsunfähigen Rechtsbrechern der Mangel an justizinternen Plätzen für den Maßnahmenvollzug. „Die Unterbringung war ohne die verstärkte - über die geplante Belegung hinausgehende - Inanspruchnahme psychiatrischer Krankenanstalten nicht mehr sicherzustellen“, hält der Rechnungshof fest. NEOS-Justizsprecher Johannes Margreiter forderte in diesem Zusammenhang in einer Presseaussendung ausreichende finanzielle Mittel für die Justiz, um die jahrelang verschleppte Reform des Maßnahmenvollzugs angehen zu können.

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