Türkei fordert von Berlin und Paris Maßnahmen in Syrien

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat in einem Telefonat mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron „konkrete Maßnahmen“ gefordert, um eine „humanitäre Katastrophe“ im Nordwesten Syriens zu verhindern. Er habe zudem die Notwendigkeit betont, die Angriffe der syrischen Regierung und ihrer Unterstützer in der Provinz Idlib zu stoppen.

Das teilte Erdogans Büro am Freitag mit. Erdogan kündigte zudem an, am Freitag um 16.00 Uhr (MEZ) mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu telefonieren.

Im Nordwestsyrien geht die syrische Armee seit Dezember mit Unterstützung Russlands verstärkt gegen islamistische und jihadistische Milizen vor. Der syrische Machthaber Bashar al-Assad will im Bürgerkrieg die letzte Milizen-Hochburg wieder unter seine Kontrolle bringen.

Die Türkei steht aufseiten der Gegner Assads. Seit Anfang Dezember sind laut UNO-Angaben rund 900.000 Menschen aus dem umkämpften Gebiet geflohen. Viele von ihnen leben unter katastrophalen Bedingungen in der Grenzregion.

Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten in der Nacht auf Freitag den sofortigen Stopp der Offensive der syrischen Regierungstruppen in Idlib verlangt. In einer gemeinsamen Erklärung forderten sie alle Konfliktparteien auf, ihre humanitären und völkerrechtlichen Verpflichtungen zu achten. Bemühungen um eine dauerhafte Waffenruhe sind allerdings bisher gescheitert

Merkel und Macron hatten am Donnerstag bereits mit Putin telefoniert und ein Treffen mit dem russischen Staatschef sowie mit Erdogan zum Syrien-Konflikt vorgeschlagen. Erdogans Büro ging in seiner Mitteilung am Freitag nicht auf den Vorschlag ein. Ein Sprecher des Kreml erklärte hingegen, es werde über „die Möglichkeit eines Gipfeltreffens diskutiert“. Eine endgültige Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Das russische Verteidigungsministerium wies Berichte zurück, dass in Idlib Hunderttausende in Richtung Türkei auf der Flucht seien. Unter anderem Drohneneinsätze hätten ein anderes Bild ergeben.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas äußerte sich unterdessen freilich sehr besorgt zur Lage in Idlib. „Das, was dort stattfindet, ist eine Katastrophe zulasten von Millionen von Menschen.“ Man sei zusammen mit den europäischen Partnern dabei, auf die beteiligten Seiten einzuwirken, besonders auf Russland, sagte Maas in Berlin. Man werde aber auch gegenüber der Türkei deutlich machen, dass eine baldige Deeskalation nötig sei. Auch über den UNO-Sicherheitsrat werde man Druck auf die beteiligten Konfliktparteien erhöhen.

Die Vereinten Nationen warnten vor einem „Blutbad“ in der Region. Die anhaltende Gewalt müsse gestoppt werden, sagte ein Sprecher des UNO-Koordinierungsbüros für humanitäre Angelegenheiten in Genf. Die 900.000 Menschen auf der Flucht seien in einem immer kleineren Gebiet eingekesselt. Rund 60 Prozent dieser Flüchtlinge seien Kinder.

Inmitten der zunehmenden Spannungen hofft die Türkei auf Unterstützung vom NATO-Partner USA durch die Lieferung von Kurzstrecken-Flugabwehr-Raketen vom Typ Patriot. „Es besteht die Gefahr von Luftangriffen gegen unser Land“, sagte Verteidigungsminister Hulusi Akar am Donnerstag im türkischen Fernsehen und fügte hinzu, dass es „Patriot-Unterstützung geben könnte“. Eine direkte Unterstützung durch US-Truppen schloss er hingegen aus.

Ankara hatte zuletzt mit dem Kauf des russischen Luftabwehrsystems S-400 für Ärger in Washington gesorgt. Die USA drohen wegen des umstrittenen Rüstungsgeschäfts unter anderem mit Sanktionen gegen die Türkei. Der türkische Verteidigungsminister betonte nun trotz des Streits mit Washington, dass Ankara immer noch versuche, Patriot-Raketen zu kaufen.

Akar betonte außerdem, die Türkei habe nicht die Absicht, mit Russland in Syrien „auf Konfrontation zu gehen“. Seit Anfang Februar haben mehrere Angriffe auf türkische Streitkräfte in der syrischen Provinz Idlib, bei denen mehrere Soldaten getötet wurden, zu deutlichen Spannungen zwischen Russland und der Türkei geführt.

Der Bürgerkrieg in Syrien dauert bereits neun Jahre.

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